Schauspieler Gregor Weber:Kommissar mit Krimi-Tick

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Gregor Weber ermittelt als Kommissar Stefan Deininger beim Saarbrücken-Tatort - jetzt schreibt der in Gauting lebende Schauspieler einen Roman. Das Thema: Mord und Totschlag.

Gerhard Fischer

Der Tatort-Kommissar Stefan Deininger hat einen hässlichen Bart, ein ausgesprochen scheußliches Gewächs. So einen Fernfahrer-Schnauzbart, der an den Mundwinkeln vorbei hinabführt bis an die Kieferknochen. "Die Figur war ohne Bart so blass", sagt Gregor Weber, der Stefan Deininger spielt. "Ich ließ ihn mir wachsen und wollte damit ein stolzes Signal senden, dass in dem was tobt. Und ich wollte, dass die Leute sich fragen: Warum hat der so einen gottverdammt hässlichen Schnauzbart?" Deininger, der Assistent von Franz Kappl (Maximilian Brückner) beim Saarland-Tatort, ist ein komischer Kauz, ein ewiger Zweiter, ein Mann ohne Frau.

Gregor Weber ist vielseitig: Der Saarbrückener Tatort-Kommissar hat zeitweise Jura und Germanistik studiert, ist Koch, und aktuell auch Krimi-Autor. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Gregor Weber lebt in Gauting bei München. Weber ist verheiratet, er ist kein Kauz wie Deininger, aber komisch ist er schon - im Sinne von lustig und ein bisschen auch von sonderbar: Er redet ohne Punkt und Komma, er spricht so offen, mutig und selbstironisch, dass man ihn manchmal schützen möchte.

Weber sagt, der saarländische Tatort sei früher "unter aller Sau" gewesen. Seine Rolle als Assistent von Max Palu (Jochen Senf) sei eine "Nicht-Rolle" gewesen. "Schuld war nicht Senf", erklärt er. "Schuld waren die miserabel geschriebenen Geschichten."

Weber bekennt, dass er "stinkfaul" sei, wenn das Konto nicht schreie. Er sagt, dass er während seiner Karriere viele menschliche Enttäuschungen erlebt habe; dass die meisten Regisseure und Schauspieler nicht darüber reflektieren würden, was sie tun; und er gibt offen zu, dass er es als Schauspieler nicht geschafft habe. Er habe auch keine Agentur mehr, er bemühe sich nicht um Rollen. Eigentlich sei er kein Schauspieler mehr. Er sei jetzt Autor. Weber bringt gerade einen Krimi zu Ende. Es geht um die Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Wie wurde er, was er heute ist? Gregor Weber wuchs in einem Dorf im Saarland auf, er machte Abitur und wusste dann nicht mehr weiter. Er hatte zwar für ein Lokalblatt Berichte über seinen Fechtverein verfasst und er hatte Spaß daran - "aber ich wusste nicht, wie man Journalist werden sollte". Die Eltern konnten ihm nicht helfen. "Der akademische Lebensweg war bis dahin in meiner Familie noch nicht vorgekommen." Aber man könnte sich doch kundig machen? "Ich war ein Dorfjunge, ich wusste nicht, wie man das macht."

Erst zur Marine, dann ein Pro-Forma-Studium

Nur eins wusste er damals: "Das Leben sollte eine Aneinanderreihung von Abenteuern sein, unfassbar spannend, mit wahnwitzigen Erlebnissen." Also ging er zur Marine. "Ich dachte, da mache ich Nordpolexpeditionen, werde schiffbrüchig, erlebe gigantische Entbehrungen." So ganz ernst meint er das nicht. Aber in der Tendenz war er so.

Es war dann doch nicht so spannend bei der Bundeswehr. Er machte eine Ausbildung als Funker in Flensburg-Eckernförde, sein Schiff lag in Wilhelmshaven. Am Ende ging er auf eine viermonatige Mittelmeerreise, immerhin. Aber dort war es auch nicht abenteuerlich . Als er bei der Bundeswehr aufhörte, sei er "ein bisschen hilflos rumgehockt". Das hat er öfter gemacht in seinem Leben. Sagt er.

Gregor Weber begann ein Jurastudium und warf es nach einem Monat wieder hin, er wechselte zur Germanistik, aber bald war er dort nur noch pro forma eingeschrieben. "Ich habe gemerkt, ich interessiere mich für zehn Millionen Sachen", erinnert er sich, "aber es dauerte mir zu lange, bis ich dorthin komme".

Durch einen Zufall wurde er Schauspieler: Ein Bekannter animierte ihn, beim Studententheater mitzumachen. "Ich war eigentlich viel zu schüchtern, um mich vor Leute hinzustellen." Er machte es dennoch. Und er hatte das Gefühl: Das ist es jetzt! Andere hatten das nicht. Die Tante, selbst Schauspielerin, war skeptisch, ein Rollenlehrer meinte gar, er sei völlig talentfrei: "Sie sind ja total gehemmt", sagte der Dozent .

Dazu kam, dass er bei einigen Schauspielschulen die Aufnahmeprüfung nicht schaffte, erst in Frankfurt, der letzten, die ihm blieb, bestand er. Es war eine Zeit, in der er Glück hatte. Schon vor der Aufnahmeprüfung in Frankfurt hatte die Schauspieler-Tante nachgeholfen. Sie kannte Gerd Dudenhöffer, den Hauptdarsteller der Serie "Familie Heinz Becker". Gregor Weber bekam eine Statistenrolle, für einen Tag. "Und als ich dort war, hieß es: Wir haben keinen Darsteller für den Sohn." Was für ein Zufall. "Das war wirklich so!" Weber stand als Komparse auf der Bühne, als Dudenhöffer ihn fragte: "Kannst du dir das vorstellen - den Sohn zu spielen?" Natürlich konnte er.

"Und jetzt ging's schnell", sagt Weber. "Ich dachte, ich sei auf dem richtigen Weg, ich war auf der Schauspielschule und in den Semesterferien drehte ich Familie Heinz Becker." Es war perfekt.

Gregor Weber war damals 24 Jahre alt. Er überhörte die Warnungen, die seine innere Stimme ihm sandte. Die sagte: Das ist nicht das Richtige, es macht dir nicht genügend Spaß, du kriegst nicht genügend Rollen, das ganze Geschäft ist nichts für dich. "Ich wollte in diesem Zug sitzen bleiben", sagte Weber. "Es musste erst schlecht und schwierig laufen, um etwas zu unternehmen."

Es lief dann schlecht und schwierig. 2004 bis 2006 machte Gregor Weber eine Kochlehre. Wenn man das hört: Tatort-Kommissar macht Kochlehre - man denkt, das tut dieser Schauspieler nebenher. Vielleicht für eine Rolle. Vielleicht aus Spaß. Aber Weber sagt: "Es war die schiere Notwendigkeit, ich hatte als Schauspieler keine Angebote." Einen Tatort im Jahr, das reichte nicht. Zur Familie Gregor Weber gehören schließlich auch zwei Kinder.

Der Krimi ist fast fertig

Weber hat danach ein Buch über das Kochen geschrieben, es waren zehn Reportagen über Profiküchen. Das Buch ist im Oktober 2009 erschienen, es verkauft sich ganz gut, und es gab ihm den Anstoß, dass er es weiter mit dem Schreiben versuchen sollte als Broterwerb.

Er begann, den Krimi zu schreiben. Er kennt sich ja aus mit Mord und Totschlag und dem ganzen Drumherum. "Es hilft mir schon, dass ich beim Tatort mitspiele", sagt Weber. "Wir werden ja bei den Dreharbeiten von der Polizei unterstützt, da sind Leute von der Spurensicherung dabei." Er bekomme die Technik mit, und einen Spezialisten für Blutspuren kenne er besonders gut.

Der Krimi ist fast fertig. Das Manuskript hat mehr als 350 Seiten, vermutlich muss er noch kürzen, ein paar Punkte weglassen und ein paar Kommas. Beim Schreiben geht das ja.

© SZ vom 06.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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