Restaurant L'Hermitage:Beim launischen Franzosen

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Angenehm entschlackt wurden im ehemaligen Kartoffelhaus die Räume, in die vor acht Monaten das L'Hermitage einzog. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Tarte Tatin: ausgezeichnet. Der Kohlrabi-Mango-Salat mit Lachs: zu trocken. Bei den Klassikern zeigt das L'Hermitage in Schwabing seine Stärken. Doch manchmal geht mit dem Koch des französischen Restaurants das Temperament durch.

Von Marcelinus Sturm

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Prinzipiell haben wir es in München ja mit einer Stadt zu tun, in der das bayerische Wirtshaus und der Italiener vorherrschen. Wenn aber nicht alles täuscht, dann ist im gehobeneren Preissegment inzwischen das mediterrane französische Restaurant schwer am Aufholen. Eine ganze Reihe hat in den letzten Jahren neu aufgemacht, die meisten davon sind ein Gewinn für die kulinarische Szene der Stadt.

Um es gleich vorwegzunehmen: Beim L'Hermitage am Hohenzollernplatz kann man da auch fast acht Monate nach der Eröffnung noch nicht ganz sicher sein. Marcelinus Sturm hat hier sehr unterschiedliche Abende erlebt, bei denen mal mehr, mal weniger auszusetzen war. Das ist schade, weil das Personal in Küche und Service weiß Gott sehr kundig und sympathisch ist. Koch Joel Noguier stammt aus der Provence, er geht jetzt auf die 60 zu und ist seit vielen Jahren in der Münchner Gastronomie tätig.

Hirn vom Lamm als Vorspeise

Die Speisekarte ist übersichtlich und wechselt alle paar Tage. (Foto: Stephan Rumpf)

Service-Chef Manuel Salema ist Mitte 50 und ein sehr angenehmer, unaufgeregter Gastgeber, wie man ihn sich öfters wünschte. Er ist gebürtiger Portugiese, und deshalb gibt es vorneweg häufig mal ein Glas portugiesischen Schaumwein, etwa einen Quinta das Bagueiras Bairrada von 2012. Die Weinkarte setzt sonst vorwiegend auf eher ausgefallene französische, italienische und deutsche Weine. Schließlich ist man nicht nur Restaurant, sondern auch Weinbar.

Noguier und Salema haben sich kennengelernt im Schwabinger Restaurant Le Cézanne, und nachdem am Hohenzollernplatz das recht rustikale Schwabinger Kartoffelhaus schloss, machten sie dort ihr L'Hermitage auf. Die Räume sind angenehm entschlackt worden, auf der Sommerterrasse mit ihren 40 Plätzen kann man sich an warmen Abenden tatsächlich fast ans Meer versetzt fühlen. Die Speisekarte ist übersichtlich, setzt auf weise Beschränkung und wechselt alle paar Tage.

Das zeigt den Wert, den man hier frischer Ware und dem Tagesangebot vom Markt beimisst. Bisweilen gibt es auch Spezialitäten, die nicht auf der Karte stehen, etwa Hirn vom Lamm als Vorspeise (14,50 Euro), das noch vorzüglicher geraten wäre, wenn die Kapern wirklich frisch gewesen wären und nicht aus der Konserve.

Hervorragend die Poulpe provençale (12,50), der Tintenfisch war schön zart und angenehm zurückhaltend gewürzt. Die Weinbergschnecken (8,50) erinnerten Sturm wieder daran, warum eine alte Bekannte diese jeder Auster vorzieht: "Schnecken schmecken wenigstens noch nach Knoblauch, Austern nach gar nichts." So leicht lässt sich französische Küche auf den Punkt bringen!

Bei den Klassikern kann das L'Hermitage die zweifellos vorhandenen Stärken ausspielen, auch beim Fleisch, das man von den Herrmannsdorfer Landwerkstätten und vom Gutshof Polting bezieht. Diese Herkunft ist schon mal die halbe Miete, und so kam das Lammkarree mit Rosmarinjus (19,50) exzellent und schön rosa gebraten auf den Tisch.

Ziemlich perfekt waren auch Ratatouille und Kartoffelgratin, wenngleich als Beilage nicht sehr überraschend - das fällt einem zu Lamm und französischer Küche nun einmal als Erstes ein. Etwas lieblos und zu wenig waren auch die Beilagen zum ansonsten einwandfreien Entrecôte (23,50), das aber wiederum keine Sauce béarnaise gebraucht hätte.

Pfifferlinge samt Sauce komplett versalzen

Fisch beziehen Noguier und Salema nicht aus der Region, der kommt vom Atlantik. Eigentlich versteht man in der Küche sehr gut damit umzugehen. Die Dorade mit Pesto (16,50) war bei einem Besuch tadellos, von der Konsistenz her nicht zu glasig, nicht zu fest. So soll es sein! Dafür erlebte Sturm beim nächsten Mal ein Desaster beim Saint Pierre mit Pfifferlingen.

Der Petersfisch mit seinen feinen Geschmacksnoten verträgt keine intensiven Gewürze, an diesem Abend aber waren die Pfifferlinge samt Sauce komplett versalzen, obendrein zu stark gewürzt und der Fisch zu lange gegart, sodass er strohig und trocken war. Genaugenommen schmeckte er nach dem freitäglichen Kantinengericht Goldbarsch im Bierteig. Nur ohne Bierteig. Immerhin: Als Sturm monierte, war man sehr betroffen und strich den Fisch sofort von der Rechnung.

Traumhafte Desserts

Dieser Abend war überhaupt ein recht unglücklicher für das Küchenteam. Schon bei der Vorspeise - Kohlrabi-Mango-Salat mit Lachs (12,50) - war der Fisch zu trocken geraten, die Haut nicht knusprig, sondern dunkelbraun. Davon abgesehen erschloss sich nicht, warum da Mango mit Kohlrabi kombiniert wurde. So ungewöhnlich diese Kopplung ist, so langweilig schmeckte sie leider.

Da hält man sich dann doch lieber an Altbewährtes: Tarte Tatin (9,50) und die Profiteroles (7,50) bei den Desserts waren beide traumhaft. Sollte man im L'Hermitage also besser keine Experimente wagen? Bei diesem Restaurant handelt es sich anscheinend um einen launischen Franzosen, und da ist man bei den Klassikern halt auf der sicheren Seite. Aber will man das, wenn man essen geht?

© SZ vom 21.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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