Razzia:Warum das Verbot der "Bayerischen Schießsportgruppe" schwierig ist

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  • Der Freistaat Bayern prüft seit April 2017 ein Verbot eines Schützenvereins, der enge Verbindungen zu Pegida München haben soll.
  • Bislang sind die bei einer Razzia sichergestellten Daten allerdings noch nicht ausgewertet.
  • Der Verwaltungsgerichtshof hat inzwischen entschieden, dass diese Razzia rechtmäßig war.

Von Martin Bernstein

Noch immer steht nicht fest, ob die "Bayerische Schießsportgruppe München" (DBSSG), die das Innenministerium für einen "bewaffneten Arm" der Münchner Pegida hält, verboten werden kann. Die bei der Razzia Ende April sichergestellten Asservate - vor allem umfangreiches Datenmaterial - müssten noch ausgewertet werden, sagt ein Sprecher des Ministeriums.

Doch ihre angemietete Schießbahn ist die möglicherweise verfassungsfeindliche Gruppierung wohl schon mal los. Die sei ihr zum Jahreswechsel gekündigt worden, hieß es aus dem Innenministerium. Darüber hinaus hat es Heinz Meyer, Chef der Pegida wie der Schießsportgruppe, jetzt schriftlich: Die Razzia gegen zehn Mitglieder des angeblichen Schützenvereins war rechtmäßig. Das hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden.

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Unter dem Deckmantel eines harmlosen Sportvereins hortet die "Bayerische Schießsportgruppe München" großkalibrige Gewehre und Munition. Das Innenministerium ist alarmiert.

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Die auf den Verein eingetragenen Scharfschützen- und Präzisionsgewehre sowie zwei großkalibrige halb automatische Pistolen seien alles andere als typisch für einen Schießsportverein, befanden die Verwaltungsrichter. Vielmehr ließen sich solche Waffen auch für militärische und Selbstverteidigungszwecke einsetzen. Es lägen "hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der DBSSG e.V. mit seinen Aktivitäten auch gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten und damit Anlass für ein Verbotsverfahren bieten könnte".

Von Rednern und Veranstaltern der (inzwischen weitgehend eingestellten) Münchner Pegida-Demonstrationen sei den staatlichen Organen mehrmals generell die demokratische Legitimität ab- und dem Bürger "bereits jetzt ein Recht zur bewaffneten Selbstverteidigung" zugesprochen worden. Nicht nur Vertreter eindeutig rechtsextremistischer Parteien wie NPD, Dritter Weg oder Die Rechte hätten bei Pegida-Kundgebungen so argumentiert, sondern auch Meyer selbst. So habe dieser im Oktober 2015 von einer "Scheindemokratie", gesprochen, gegen die "Selbstjustiz ein legitimes Mittel" sei. Im August 2016 habe Meyer sich außerdem positiv zum Gedanken einer Bürgerwehr geäußert.

Die Schießsportgruppe, deren Mitglieder überwiegend aus München kommen, gibt es seit fast sechs Jahren. Für den Eintrag ins Vereinsregister wählten die Schützen ausgerechnet den 20. April, Adolf Hitlers Geburtstag. Neben Meyer sind oder waren fünf weitere Pegida-Aktivisten Mitglieder der Schießsportgruppe. Insgesamt wussten die Sicherheitsbehörden von mehr als 30 eingetragenen Waffen bei der Gruppe.

Schon 2012 wurden Zeugen befragt

Auch Pegida-Mitglieder, die nicht zur Schießsportgruppe gehören, sollen an monatlichen Übungen in Großhelfendorf teilgenommen haben. In einer weiteren Entscheidung haben die Verwaltungsrichter aber auch betont, dass umgekehrt "zumindest ein Teil der Mitglieder von den zusätzlichen politischen Aktivitäten der Führungsebene keine Kenntnis hatte und erst recht nicht in etwaige konspirative Planungen eingeweiht war".

Dass "möglicherweise die wahre Absicht einiger Vereinsvorstände nicht schießsportliche Ziele" seien, hatten einige Vereinsmitglieder der ersten Stunde rasch erkannt und waren ausgetreten. Das Landeskriminalamt vernahm am 21. Dezember 2012 und am 8. März 2013 eines dieser ehemaligen Mitglieder als Zeugen. Hintergrund waren Ermittlungen gegen Meyer wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung, zu der unter anderem auch der Rechtsterrorist Martin Wiese gehört haben soll. Zu Details schweigt sich die Bundesanwaltschaft aus. Das Verfahren sei noch immer nicht abgeschlossen.

Im April 2017 wurden neun Objekte untersucht

Der Zeuge sagte seinerzeit aus, dass Meyer entgegen den Wünschen anderer Gründungsmitglieder die Anschaffung einer möglichst großen Zahl großer halb automatischer Waffen propagiert habe, und dass er für deren Aushändigung selbst habe zuständig sein wollen. Die Verwaltungsrichter leiten daraus einen Anfangsverdacht ab, dass Meyer "den jederzeitigen Zugriff auf Schusswaffen auch im Hinblick auf eine Verwirklichung seiner schon damals geäußerten politischen Vorstellungen erstrebt haben könnte".

Knapp 120 Polizisten, unter ihnen auch Spezialeinheiten, durchsuchten am 27. April vergangenen Jahres neun Objekte in und um München. Man habe "Anhaltspunkte, dass sich der Zweck der Schießsportgruppe gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richtet und nur vorgeblich im sportlichen Schießen besteht", erklärte Innenminister Joachim Herrmann damals. "Diese Leute könnten durch den legalen Besitz von Waffen in der Lage sein, mit Waffengewalt gegen Minderheiten und politische Repräsentanten des Staates vorzugehen."

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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