Rauschgift:CSU fordert Fixerstuben für München

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CSU-Stadträte haben sich für Drogenkonsumräume in München ausgesprochen. (Foto: dpa)
  • In anderen Bundesländern gibt es seit vielen Jahren so genannte Druckräume für Drogensüchtige.
  • Die CSU hat sich in Bayern stets dagegen ausgesprochen, doch nun gibt es womöglich eine Kehrtwende.
  • Für ein Modellprojekt in München soll eine der Unikliniken die Trägerschaft übernehmen.

Von Thomas Schmidt, München

Jahrzehntelang wehrte sich die CSU vehement dagegen, geschützte Konsumräume für Drogenabhängige in Bayern einzurichten. Sogenannte Fixerstuben oder Druckräume, wie sie in anderen Bundesländern, in Berlin, Frankfurt oder auch im Saarland seit etlichen Jahren betrieben werden, verbannte die bayerische Staatsregierung stets mit markigen Worten, wenn SPD oder Grüne vergeblich entsprechende Vorschläge einbrachten.

Nun aber vollzieht die CSU-Fraktion im Münchner Rathaus die Kehrtwende. Die Landeshauptstadt solle eine Erlaubnis für den Betrieb von Drogenkonsumräumen in der Stadt beantragen und sich für eine entsprechende Rechtsverordnung starkmachen, fordert die Fraktion in einem Antrag. CSU-Stadtrat Hans Theiss und Fraktionschef Manuel Pretzl schwebt ein Modellprojekt zunächst für drei Jahre vor.

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Das wünscht sich zumindest die Münchner SPD und will Räume schaffen, in denen Abhängige unter Aufsicht trinken können. Damit werde ihnen geholfen wie auch Passanten, die sich belästigt fühlen.

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"Man kann die Augen nicht davor verschließen, dass die Todesfälle in München unverhältnismäßig hoch sind", sagt Stadtrat Theiss. Der Mediziner kandidiert für den Landtag im Stimmkreis München-Mitte, zu dem auch der Hauptbahnhof und der Nußbaumpark gehören. "Die Probleme" dort seien "offenkundig". Anstatt dass sich drogenabhängige Menschen im Park oder auf Spielplätzen einen Schuss setzen, möchte Theiss ihnen mit einer neu zu schaffenden "Ambulanz" einen geschützten Raum als Alternative bieten, in dem sie betreut und beraten werden.

Der Betrieb solle "in Trägerschaft einer der Universitätskliniken" erfolgen, was sowohl die medizinische Versorgung garantiere, als auch "die Evaluation nach den neuesten wissenschaftlichen Standards". Nach drei Jahren könne man dann objektiv bewerten, ob das Projekt sinnvoll sei.

Tatsächlich ist die Zahl der Drogentoten in München zuletzt gesunken. 2016 zählte die Polizei 64 Opfer, im Folgejahr waren es 20 Tote weniger. Der positive Trend setzt sich in diesem Jahr fort. Zuletzt wurde am 12. Mai ein 22-jähriger Münchner tot in seiner Wohnung gefunden, er war das bisher zehnte Opfer. Streetworker beklagen, dass die Polizei inzwischen einen derart starken Druck auf die Rauschgiftszene ausübe, dass immer mehr Süchtige die Öffentlichkeit meiden und an versteckten Orten oder zuhause konsumieren, wo ihnen niemand helfen kann, wenn sie zum Beispiel aufgrund einer Überdosis kollabieren. Ein überwachter Druckraum würde dieses Problem lösen. Zusätzlich könnten dort "suchttherapeutische Maßnahmen besonders niederschwellig angeboten" werden, meint CSU-Stadtrat Theiss.

Die Entscheidung, ob München eine Fixerstube bekommt, liegt allerdings nicht beim Rathaus. Und bisher hat sich die CSU auf Landesebene immer gegen solche Einrichtungen zur Wehr gesetzt. "Ich kann nicht vorhersagen, wie die Staatsregierung auf unseren Antrag reagiert", sagt Theiss. Vorgefühlt habe er deswegen noch nicht. "Ich kann mir aber vorstellen, dass ein Umdenken stattfindet." Schließlich sei es "wissenschaftlich bewiesen, dass die hohe Sterblichkeit von drogenabhängigen Menschen durch entsprechende Therapieangebote reduziert werden kann". München müsse nun "von kommunaler Ebene her Druck machen".

© SZ vom 04.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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