Hauptbahnhof:Das Bahnhofsviertel soll schöner werden - und frei von Alkoholsüchtigen

Hauptbahnhof: Nachts gilt rund um den und im Hauptbahnhof ein Alkoholverbot. Daran will die Stadtrats-SPD nicht rütteln. Doch daneben müsse eine zweite Säule aufgebaut werden, um der Probleme Herr zu werden. Suchtkranke zu vergraulen, sei nicht die Lösung, sagt der SPD-Sozialpolitiker Christian Müller.

Nachts gilt rund um den und im Hauptbahnhof ein Alkoholverbot. Daran will die Stadtrats-SPD nicht rütteln. Doch daneben müsse eine zweite Säule aufgebaut werden, um der Probleme Herr zu werden. Suchtkranke zu vergraulen, sei nicht die Lösung, sagt der SPD-Sozialpolitiker Christian Müller.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Die Münchner SPD will am Hauptbahnhof Räume für alkoholsüchtige Menschen schaffen.
  • Die Idee steht im Zusammenhang mit dem Vorhaben, das Bahnhofsviertel allgemein aufzuwerten.

Von Heiner Effern

Die SPD will alkoholsüchtige Menschen im Bahnhofsviertel von der Straße holen und in eigenen Räumen professionell betreuen lassen. Dort sollen sie auch kontrolliert Alkohol bekommen, ähnlich wie Drogenabhängige in sogenannten Fixerstuben zum Beispiel in Frankfurt Stoff erhalten. "Wir wollen, dass die Betroffenen einigermaßen menschenwürdig auftreten und auch so behandelt werden", sagt Christian Müller, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion.

Wie dieses Hilfsangebot genau aussehen soll und ob es funktioniert, "das wissen wir selbst noch nicht". Die SPD hat kein Vorbild in anderen Kommunen gefunden, sie will nun selbst ein Modell entwickeln. Wenn dies erfolgreich sei, könnte die Stadt an anderen Plätzen mit Trinker-Szene ähnliche Angebote schaffen, sagt Müller. "Repressiv alleine werden wir das Problem nicht lösen, wir müssen alles ausprobieren."

"Wenn sich dort Bürger zeitweise nicht mehr wohlfühlen, müssen wir dringend handeln."

Im besten Fall soll die kontrollierte Abgabe von Alkohol zur Abstinenz führen. Doch große Illusionen macht sich die SPD darüber nicht. Sie will Suchtkranken eine Alternative zum Aufenthalt auf den Straßen und Plätzen rund um den Hauptbahnhof bieten. Sozialpädagogen sollen sich darum kümmern, dass abhängige Trinker "keine Straftaten begehen oder Opfer von solchen werden", wie Müller sagt. Gerade Frauen sollten "einen Schutzraum auch vor Übergriffen finden, wenn sie nicht wissen, wo sie hin sollen", ergänzt Verena Dietl, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD. Ihre Partei will auf Verbote wie den nächtlichen Alkoholbann vor dem Bahnhof nicht verzichten, daneben aber eine zweite Säule aufbauen. "Man kann sie vergraulen, aber das ist nicht die Lösung", sagt Müller über die Trinker. "Hilfe ist genauso wichtig wie die Verfolgung von Straftaten." Davon würden auch Passanten profitieren, die sich manches Mal wegen Pöbeleien von Betrunkenen in der Bahnhofsgegend fürchteten oder belästigt fühlten.

Die Initiative für diese Art von Trinkerräumen hat die SPD eingebunden in ein Paket von elf Stadtratsanträgen, mit dem sie das Bahnhofsviertel aufwerten will. "Das ist nicht irgendein Villenviertel, das wissen wir. Aber es gibt hier Entwicklungen gerade im südlichen Teil, über die man sich Gedanken machen sollte", sagt Fraktionschef Alexander Reissl. Dazu gehört neben dem Problem mit Alkoholkonsumenten die mangelnde Sauberkeit und Beleuchtung, das triste Erscheinungsbild, unübersichtliche Baustellen oder die Dominanz von Spielhallen rundherum. "Allein in der Schiller- und der Schwanthalerstraße sind es 22, in der Dachauer 15", rechnet SPD-Fraktionsvize Christian Vorländer vor.

Die SPD will all diese Probleme im Bahnhofsviertel nicht als Flickwerk lösen, sondern übergreifend. Das gilt für die Themen wie für die Beteiligten. Deshalb soll ein fester "Arbeitsausschuss" die einzelnen Punkte und Initiativen zusammenführen. Diesem sollen nicht nur Stadträte und Mitglieder aus dem Bezirksausschuss angehören, sondern auch Vertreter der betroffenen Referate, der Sozialverbände, der Polizei, der Bahn, der Anwohner, der Gastronomen und weitere Betroffene.

Kümmern soll sich das Gremium um eine Vernetzung all der sozialen Angebote ringsum, aber auch um ein besseres Verkehrskonzept, mehr Grün und ein besseres Sicherheitsgefühl. Dazu soll auch ein Infokiosk auf dem Bahnhofsvorplatz dienen. Der soll nicht nur Anlaufstelle für Passanten oder Menschen mit Problemen sein, sondern auch für den Kommunalen Außendienst (KAD) der Stadt. Die Gründung dieses kommunalen Sicherheitsdienstes ist bereits beschlossen; bis aber das Personal gefunden und geschult ist, wird es noch dauern.

Doch das Bahnhofsviertel will die SPD nicht nur aufhübschen, sondern auch besser ans kulturelle Leben der Stadt anschließen. Bis jetzt laufen große Veranstaltungen wie das Stadtgründungsfest oder die Lange Nacht der Musik weitgehend an ihm vorbei. "Wir wollen das Bahnhofsviertel da besser einbinden. Denkbar sind auch ein Straßenfest oder ein Open-Air-Konzert an einem geeigneten Ort", sagt SPD-Kultursprecher Klaus Peter Rupp. "Wir wissen von Anliegern, die sich engagieren wollen." Das Bahnhofsviertel solle wieder ein Areal werden, das niemand meiden muss, wünscht sich die SPD. "Wenn sich dort Bürger zeitweise nicht mehr wohlfühlen, müssen wir dringend handeln", sagt Fraktionschef Reissl.

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