Rating:Was Online-Bewertungen bringen - und was nicht

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Ob Hofbräuhaus, Arena in Fröttmaning oder JVA Stadelheim - zu allem gibt es unterschiedliche Meinungen. Trauen kann man den Likes und Sternen im Internet nicht immer. Zehn Beispiele aus München.

Von Pia Ratzesberger

Die Smileys warten am Ausgang. Sie wollen wissen, wie zufrieden man mit dem Reisezentrum war, eine der vier Tasten am Schalter soll man drücken. Sehr zufrieden, zufrieden, weniger zufrieden, unzufrieden. Dann die E-Mail. Das Restaurant von gestern Abend würde gerne wissen, wie einem der Besuch gefallen hat. "Bitte bewerten Sie uns." Noch eine E-Mail. Vom Besitzer des Hostels. "Bitte bewerten Sie uns." Der Buchladen, bei dem man neulich bestellt hat. Das Spielzeuggeschäft. Der Yogakurs. Alle betteln sie um Bewertungen. Nur, warum eigentlich?

Das Ganze erinnert einen an die Schulzeit, als der Referendar am Ende des Jahres seine Feedback-Bögen austeilte. Von denen hing viel ab, er musste die mit den anderen Lehrern besprechen und las dann zum Beispiel, dass er das "Unterrichtsklima" noch verbessern müsse. Den Firmen geht es heute letztendlich wie diesem Referendar. Für den war das Feedback zwar nicht immer angenehm, aber vor der Lehrprobe doch entscheidend.

100 Facebook-Kommentare? Gibt's für 70 Euro

In einer Pressemitteilung der Deutschen Bahn heißt es: "Die permanente Kenntnis der Zufriedenheitswerte ist für Unternehmen wirtschaftlich von großer Bedeutung." Die Firmen erfahren so nämlich, was die Kunden wollen, und erhoffen sich, ihre Produkte dank dieses Wissens besser verkaufen zu können. Das ist der eine Grund.

Der andere ist, dass die Bewertungen nicht nur zeigen, wie zufrieden die bisherigen Kunden waren, sondern sie entscheiden auch über neue Kunden. Ob es nun um ein griechisches Restaurant in Haidhausen geht oder um einen neuen Duschkopf beim Internethändler Amazon, viele Menschen lesen heute mehrmals die Woche Dutzende von Bewertungen zu den unterschiedlichsten Produkten. Aufgrund derer entscheiden sie, welches Lokal sie wählen und welche Duschbrause.

Ob die Bewertungen am Ende tatsächlich zum Besten raten, ist fraglich. Weil sie für Firmen so wichtig sind, kann man sich die netten Sätze mittlerweile auch kaufen. 100 Facebook-Kommentare zum Beispiel gibt es für 70 Euro, manche Unternehmen werben gleich für monatliche Abonnements - um die 20 Prozent aller Bewertungen seien gefälscht, hieß es vor kurzem in einer Analyse des Softwareanbieters ReviewMeta.

Alles aber wird bewertet, von einem Stern bis zu fünf Sternen. Längst nicht mehr nur Produkte, sondern auch Arbeitgeber, Zoos, Zahnärzte, öffentliche Plätze wie der Viktualienmarkt (mehr als 7600 Rezensionen auf Google) oder das Gefängnis in Stadelheim (36 Rezensionen auf Knast.net). Es gibt kaum noch einen Ort in München, der nicht auf irgendeiner Plattform beurteilt wird.

Die "Ratinggesellschaft" nennen das Soziologen, jeder kann zu jeder Zeit jeden bewerten. In den USA gibt es bereits eine App namens Peeple, in der man selbst seine Mitmenschen rezensieren kann, in drei Kategorien. Beruflich. Romantisch. Persönlich. Auch diese App ist selbstverständlich bewertet worden. Sie hat nur zweieinhalb von fünf Sternen.

© SZ vom 09.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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