Ramersdorf/Perlach:Schluss mit lustig

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Ein schräges Musical über Kaiserin Sisi war noch ein großer Bühnenerfolg. Danach hätte die Pandemie den Kulturkreis um ein Haar in die Knie gezwungen, er stand vor der Auflösung. Nun startet ein neues Vorstandstrio durch

Von Hubert Grundner, Ramersdorf/Perlach

Zum 25-jährigen Bestehen des Kulturkreises überreichte der Kabarettist Wolfgang Krebs in seiner Rolle als Horst Seehofer dem langjährigen Vorsitzenden Erwin Bohlig symbolisch einen Orden. (Foto: Claus Schunk)

Man kann die Geschichte nüchtern und knapp erzählen: Die Mitglieder des Kulturkreises Ramersdorf-Perlach haben bei ihrer Versammlung Ende Mai ein neues Führungsteam ernannt. Bernd Große-Plankermann, 58, übernimmt als Erster Vorsitzender mit Claudia Schablitzky, 63, und Peter Schablitzky, 59, als seine Stellvertreter die Arbeit von Erwin Bohlig, der fast 30 Jahre lang das Gesicht des Kulturkreises war.

Man kann die Geschichte aber auch als eine Art pandemiebedingtes Drama erzählen, bei dem der Kulturkreis nur dank einer glücklichen Fügung in letzter Minute seiner Auflösung entgangen ist. Und dieses mögliche Ende kündigte sich ziemlich unterhaltsam an: "Susi oder so - Kaiserin von Österreich" hieß das Musical, das am 8. März 2020 in der Aula des Schulzentrums an der Quiddestraße aufgeführt wurde. Die Truppe von "Italia con Amore" begab sich dabei mit perfekt vorgetragenen Songs etwa von Rainhard Fendrich, STS und Falco auf österreichisches Hoheitsgebiet. Zusammen mit der schrägen Geschichte über Kaiserin Sisi ergab das fürs Publikum eine große Gaudi.

Danach aber war Schluss mit lustig. Corona zwang das Land in die Knie, und mit ihm den Kulturkreis. Das komplette Jahresprogramm, das zum Teil auch schon ausverkauft war, musste storniert werden. Erwin Bohlig, der heuer 71 wird, erinnert sich noch leidvoll daran, wie mühevoll es war, Veranstaltungen erst zu verschieben, dann endgültig abzusagen, Eintrittsgeld zurückzuerstatten. Vor allem aber dauerte die Pandemie länger an, als anfangs gedacht, irgendwann war dann auch nicht mehr an Ersatztermine für ausgefallene Vorstellungen zu denken. Es kam im vergangenen Jahr aber noch etwas anderes hinzu, das Bohlig nicht verschweigen will: "Ich war sehr frustriert, weil uns das Kulturreferat nicht unterstützt hat."

Sei es, wie es sei: Im Vorstand, dem neben Bohlig unter anderem seine beiden Stellvertreterinnen Marina Achhammer und Pauline Obernhuber angehörten, reifte der Entschluss, sich zurückzuziehen und die Verantwortung für den Kulturkreis in neue, jüngere Hände zu legen. Doch diese neuen Hände fanden sich zunächst nicht, weshalb man sich gezwungen sah, den Verein aufzulösen. Das sollte Ende 2020 bei einer eigens einberufenen Mitgliederversammlung passieren. Und da ereignete sich das kleine Wunder: In buchstäblich letzter Minute erklärten sich Bernd Große-Plankermann, Claudia und Peter Schablitzky bereit, für den Vorstand zu kandidieren.

"Es kann doch nicht sein, dass so eine wichtige kulturelle Institution, dieses Netzwerk aus Kunst und Kultur, so einfach verschwindet." Mit diesen Worten wandte sich Peter Schablitzky an den damaligen Vorstand und bot seine Hilfe zur Rettung an. Angesichts der enormen Herausforderungen, die dieses Ehrenamt mit sich bringt, holte der selbständige IT-Fachmann aus Ottobrunn, schon seit Jahren Mitglied im Kulturkreis Ramersdorf-Perlach, neben seiner Frau Claudia, einer gelernten Krankenschwester, auch noch Große-Plankermann mit ins Boot. Der ehemalige Philip-Morris-Manager leitet schon seit Jahren gemeinsam mit Peter Schablitzky das Minghartinger Theater, eine Amateurbühne im Wirtshaus zum Isartal. Als Team verfügt das Trio also durchaus über einige Erfahrung in Planung, Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, sowohl im kulturellen als auch im wirtschaftlichen Bereich. Dies und vor allem ihr Enthusiasmus für die neue Aufgabe dürften die Mitglieder des Kulturkreises auf der Versammlung überzeugt haben, als sie die drei jeweils einstimmig wählten.

Für diesen Vertrauensvorschuss bedankt sich Bernd Große-Plankermann jedenfalls ausdrücklich. Aber auch die Tatsache, dass sich sieben weitere Mitglieder in den neuen Vereinsvorstand wählen ließen und viele weitere bereits jetzt ihre aktive Hilfe bei den anstehenden Aufgaben anbieten würden, lässt ihn optimistisch in die Zukunft blicken. Entsprechende Planungen seien schon in vollem Gange. "Noch die letzten Wochen der Corona-Einschränkungen durchhalten, und der Kulturkreis Ramersdorf-Perlach kann wieder durchstarten." Mit diesen Worten beendete der frischgewählte Vorsitzende die Mitgliederversammlung.

Einen Blick zurück hatte zuvor noch Markus Blume geworfen. Der CSU-Generalsekretär und Landtagsabgeordnete ließ es sich nicht nehmen, Erwin Bohlig mit einer launigen Laudatio zu verabschieden und die Verdienste des unermüdlichen Kulturvermittlers zu würdigen. Der wiederum ist vor allem erleichtert, dass der Fortbestand des Kulturkreises Ramersdorf-Perlach gesichert ist. Ansonsten hält er es mit einem berühmten Kabarettisten: "Dieter Hildebrandt hat mal den Begriff der Restlaufzeit geprägt, und die habe ich jetzt vor Augen", sagt Bohlig - und freut sich schon auf den nächsten Ausflug auf dem E-Bike an der Seite seiner Partnerin durchs Frankenland.

© SZ vom 04.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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