Kritik:Pures Glück

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2004 haben sie den ARD-Musikwettbewerb gewonnen: Seitdem begeistert das Quatuor Ébène. (Foto: Julien Mignot)

Das Quatuor Ébène spielt im Herkulessaal ein berührendes Konzert.

Von Klaus Kalchschmid, München

Jedes Münchner Konzert wird zum Triumph des Quatuor Ébène, seit es 2004 den ARD-Musikwettbewerb im Fach Streichquartett gewann. So war es auch diesmal im bei 75 Prozent möglicher Auslastung ausverkauften Herkulessaal mit einem Programm, wie es schöner und aktueller nicht sein konnte: Nach berückendem Mozart wandte sich Cellist Raphaël Merlin an das Publikum und erzählte, dass sie schon vor zwei Jahren geplant hatten, das c-moll-Quartett Nr. 8 von Dmitri Schostakowitsch aus dem Jahr 1960 zu spielen. Es sei "'vom Gedenken an die Menschen getragen, die unter faschistischer Herrschaft und dem Schrecken des Krieges litten'. Wir widmen es heute allen Leidtragenden des Krieges in der Ukraine."

Was folgte, war eine so erschütternd persönliche, bis auf einen heftigen Ausbruch ungeheuer zarte, ebenso fein gespielte Trauermusik, dass Stille im Saal herrschte. Schostakowitsch hatte die fünf ineinander übergehenden Sätze, darunter drei Largos, einst auch als Requiem für sich selbst geschrieben: Die Töne D-Es-C-H, seine Initialen, prägen das ganze Werk. Vorausgegangen war Mozarts Wunderwerk in G-Dur KV 387. Oft haben es Pierre Colombet, Gabriel Le Magadure, Marie Chilemme und Raphaël Merlin bereits gespielt. Das hörte man an den vielen Facetten, mit denen sie jede Phrase und jeden Akkord perfekt abtönten, das traumhafte "Andante cantabile" geradezu schweben und die Durchdringung von Polyphonie und Homophonie im Finale zum luziden Ereignis werden ließen.

Nach der Pause folgte das B-Dur-Quartett op. 67 von Johannes Brahms. Mühten sich die Vier noch ein wenig mit dem heikel dichten Streichersatz des Kopfsatzes, so erschufen sie in den übrigen Sätzen wieder pures Glück. Traumverloren innig gelang das Andante und auch das d-moll-"Scherzo" war ein gesanglicher Satz, in dem die Bratsche zur verführerischen Solistin wurde, während hier drei Männer, in der Partitur gefordert, buchstäblich "mit Dämpfer" spielen mussten! Das Variationen-Finale war die Krönung und als Dank für den überaus herzlichen Applaus folgte eine Petitesse aus Schumanns "Bunten Blättern".

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