Prozess:"Weil wir dumm und dicht waren"

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Ziel des Angriffs von acht Schlägern: Gharib Yar in seinem Dönerimbiss am Ebersberger Bahnhof. (Foto: Christian Endt)

Angriff mit Baseballschläger, Vorhangstange und Schlosserhammer: Angeklagter gesteht fremdenfeindlichen Überfall auf Dönerimbiss in Ebersberg

Von Korbinian Eisenberger, München/Ebersberg

Es war ein Freitagabend im September, als die Männer den Imbissladen betraten. Es ging ihnen nicht um Döner und Pizza, sie hatten einen Baseballschläger, eine Vorhangstange und einen Schlosserhammer dabei. Sie riefen fremdenfeindliche Parolen und schlugen zu, zertrümmerten Teile der Einrichtung und verletzten einen Mitarbeiter und einen Gast. Ein Angriff auf zwei Zuwanderer am Bahnhof der Stadt Ebersberg, östlich von München. Am Tag danach kamen schockierte Menschen zusammen, aus Solidarität für die Opfer, um ein Zeichen zu setzen gegen Rassismus. Der Überfall gilt bis heute als einer der schlimmsten fremdenfeindlichen Gewaltakte in der Region.

An diesem Dienstag hat nun der Prozess gegen die acht Männer begonnen, die am 25. September 2015 dabei gewesen sein sollen, als der Dönerimbiss überfallen wurde. Die Anklageschrift liest sich wie ein Protokoll der Gewalt: Die zwei Hauptangeklagten, ein 28-Jähriger und ein 36-Jähriger, seien auf dem Heimweg vom Oktoberfest gewesen. In der Bahn sollen sie Ausländer beschimpft und bedroht haben. Am Ebersberger Bahnhof angekommen soll der Jüngere der beiden einen Mann mit der Faust geschlagen haben.

Danach gingen sie in eine Wohnung, kamen aber wenig später wieder, diesmal zu acht. Laut Anklage hatten sie telefonisch Verstärkung geholt. Gegen 21.40 Uhr betraten vier der Männer den Imbiss, die anderen warteten vor der Tür. Der 36-jährige Hauptangeklagte soll mit einem Baseballschläger einem Gast auf Kopf und Rücken geschlagen haben, der Mann erlitt eine Gehirnerschütterung, eine Platzwunde und Prellungen und wurde drei Tage im Krankenhaus behandelt. Auch ein Imbissmitarbeiter wurde mit dem Baseballschläger verletzt. Der andere Haupttäter soll versucht haben, mit einem Messer auf den Mitarbeiter einzustechen. Der wehrte den Angriff ab, wurde aber an der Hand verletzt.

Wer macht so etwas? Das fragten sich damals viele. Am Landgericht München gibt es nun Antworten. Sechs Angeklagte sitzen in einer Reihe, zwei haben vor der Richterin Platz genommen. Einer ist in Handschellen vorgeführt worden, er sitzt wegen Körperverletzung und Raub eine 18-monatige Haftstrafe ab. T-Shirts, Jeans, Wuschelhaare, gesenkte Köpfe - keine Männer eigentlich, von denen man von vornherein Angst haben würde. Ein Zimmerer, ein Mechaniker, ein Spediteur, ein Koch, zwei suchen eine Arbeit.

Die Männer sind zwischen 24 und 36, fast alle haben Vorstrafen, bis auf einen berichten alle von Erfahrungen mit Drogen und Alkohol. Alle acht müssen sich wegen "Bildung bewaffneter Gruppen" verantworten, vier zudem wegen gefährlicher Körperverletzung, die anderen wegen Beihilfe. Den Hauptangeklagten wird unter anderem Volksverhetzung vorgeworfen, was mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden kann.

Einer von ihnen ist Maximilian G., er gesteht, kann sich aber an viele Details nicht mehr erinnern, wie er sagt. Der 28-Jährige ist Handwerkermeister, hat einen festen Job. Biertrinker mit 15, Marihuana, seit er 16 ist, beides habe er aber seit einem Jahr unter Kontrolle, sagt er. Er erklärt, dass ihm der Angriff und die Pöbeleien leid täten, dass er sich dafür schäme. Dann gesteht er etwas, was gar nicht in der Anklage steht: Er habe eine dunkelhäutige Person mit einer Vorhangstange verfolgt und am Fuß erwischt, sodass der Mann "einen Berg herunter gekugelt ist". Dann sei er zurück in die Wohnung, Bong rauchen. Warum das Ganze? "Weil wir dumm und dicht waren", so G. Zu viel Gras und Alkohol, nur so könne er sich das alles erklären.

Neben ihm sitzt Markus N., er ist mit G. in einer Clique. N. ist der älteste der acht Männer. Unter seinem Superman-T-Shirt sieht man Tattoos: einen Trollschädel am Arm, den Teufel im Nacken. Der 36-Jährige ist arbeitslos, die Maurerlehre hat er abgebrochen. Fünf oder sechs Bier am Feierabend, "jeden Tag eigentlich", erklärt er der Richterin. Zu seiner zehnjährigen Tochter habe er Kontakt, zum Sohn nicht.

Er soll mit dem Baseballschläger zugeschlagen haben, zum Abend des Geschehens äußert er sich am ersten Prozesstag nicht. Die Verhandlung wird am Mittwoch fortgesetzt.

© SZ vom 02.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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