Prozess:"Schwere seelische Abartigkeit": Anwalt kommt in Psychiatrie

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  • Der Rechtsanwalt, der zwei Couch-Surferinnen vergewaltigt hat, ist zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Zunächst kommt er in eine psychiatrische Klinik.
  • Das Gericht ging davon aus, dass die Frauen in nahezu komatösem Zustand waren. Es habe konkrete Lebensgefahr bestanden.
  • Jedoch sah die Richterin die Steuerungsfähigkeit bei den Taten und damit auch die Schuldfähigkeit des Mannes erheblich vermindert.

Von Susi Wimmer

Der Rechtsanwalt, der in seiner Wohnung zwei Couch-Surferinnen betäubt und stundenlang vergewaltigt hat, ist am Montag vom Landgericht München I zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Der 40 Jahre alte Jurist wird "wegen einer schweren anderen seelischen Abartigkeit" in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik untergebracht.

Aufgrund seiner Störung im Sexualbereich sei seine Steuerungs- und Schuldfähigkeit bei den Taten erheblich vermindert gewesen, urteilte das Gericht unter dem Vorsitz von Sigrun Broßardt. Die Staatsanwaltschaft, die zunächst eine Haftstrafe von zwölf Jahren gefordert hatte, überlegt nach eigenen Angaben, gegen das Urteil Revision einzulegen.

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Videos von den Vergewaltigungen der Frauen seien, ebenso wie kinderpornografische Bilder und Videos, "bis ins kleinste abstoßende Detail in den Gerichtssaal projiziert worden", eröffnete die Richterin die Urteilsbegründung. Als Angeklagter sitze ein Mann vor Gericht, "der eine steile juristische Karriere hingelegt hat, ein anerkannter Spezialist im Medienrecht, Local Partner in einer Wirtschaftskanzlei. Wie passt das zusammen?"

Das Gericht glaubt, dass sich der gebürtige Mainzer binnen 20 Jahren langsam in seiner Abartigkeit gesteigert habe: Es begann mit dem Herunterladen von Pornobildern, dann fotografierte er heimlich seine Sexualpartnerinnen, schließlich betäubte er seine Opfer. Das Gericht ging davon aus, dass die Frauen - mit einer ist der Anwalt bis heute verheiratet - in nahezu komatösem Zustand gewesen seien. Es sei mit einer Lähmung der Atemorgane zu rechnen gewesen, auf einem Video war zu sehen, wie die wehrlose Frau neben ihrem Erbrochenen liege.

"Sie hätte auch daran ersticken können, es bestand konkrete Lebensgefahr", befand die Kammer. Zudem habe er die Frauen bei den Vergewaltigungen mit Gegenständen verletzt. Die Taten seien auch einer Form des Sadismus zuzuordnen. Zudem wertete die Kammer das Geständnis des Angeklagten als positiv.

Anderer Meinung war da die Staatsanwaltschaft. Sie geht davon aus, dass man den Tatnachweis auch ohne Geständnis anhand der Videos hätte führen können. Der Anwalt sei tief gefallen, so die Richterin am Ende. "Er wird seinen Beruf nicht mehr ausüben können", sagte sie, "so er je frei kommt."

© SZ vom 21.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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