Prozess:Immobilienverwalter veruntreut Wohngeld und Mieteinnahmen

Lesezeit: 2 min

  • Mehr als 600 000 Euro soll der 61-jährige Günther K. von 2009 bis 2016 illegal zur Seite geschafft haben.
  • Das Landgericht München hat ihn dafür zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.
  • Der Angeklagte hatte sich heillos überschuldet, aber trotzdem weiter expandiert.

Aus dem Gericht von Susi Wimmer

Nein, sagt Rechtsanwalt Peter Witting, sein Mandant würde seinen Lebensstil nicht als luxuriös bezeichnen: Urlaube für ein paar Tausend Euro, ja, aber nicht luxuriös. Auf der Anklagebank vor dem Landgericht München I sitzt Günther K., dunkler Anzug, graue Schläfen. Der 61-Jährige soll sich als Immobilienverwalter an den Wohngeldern einer Eigentümergemeinschaft bereichert und bei einer anderen Firma Miet- und Pachtzinsen abgezweigt haben. Mehr als 600 000 Euro soll Günther K. von 2009 bis 2016 veruntreut haben. Am Ende wird er zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt.

"Ich hatte eine fürchterliche Begabung, den Kopf in den Sand zu stecken", räumt der Angeklagte ein. Das werde ihm kein Trost sein, antwortet die vorsitzende Richterin der fünften Wirtschaftsstrafkammer, "aber das hören wir hier öfter". Die "fürchterliche Begabung" des selbstständigen Immobilienkaufmanns bestand darin, steuerliche Pflichten auszublenden, den immer höher werdenden Schuldenberg zu ignorieren, und als das Schiff bereits am Sinken war, auch noch beruflich zu expandieren. "Es war eine Milchmädchenrechnung", sagt der Anwalt.

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Günther K. betrieb eine Immobilienfirma in München, die, gibt man den Namen im Internet ein, heute als "dauerhaft geschlossen" tituliert wird. Mitte der 90er-Jahre, führt Witting aus, habe sich sein Mandant zudem im Bauträgergeschäft versucht, sei mit mehr als 400 000 Euro Schulden gescheitert, habe sich noch mit Hausverwaltungen über Wasser gehalten und sei 2009 "endgültig eingebrochen". Zugleich sei Günther K. bei zwei Firmen als Immobilienverwalter tätig gewesen - und hatte Zugriff auf die Konten mit Hausgeldern oder Mieteinnahmen.

Zu dieser Zeit klopfte bereits das Finanzamt heftig an seine Türe, eine Vollstreckung war angekündigt. Da griff Günther K. auf die ihm anvertrauten Konten zu. Zuerst ging er persönlich zur Bank und ließ sich eine Summe von 20 000 Euro auszahlen. Aber "die Konfrontation mit dem Bankangestellten, ihm in die Augen zu schauen", habe er nicht ertragen.

Dann habe er einen Weg gefunden, kleinere Beträge per Karte und PIN am Bankomaten abzuheben. Zugleich kam Günther K. auf die Idee, seine eigene Firma auszuweiten, mehr Personal einzustellen, größere Räume anzumieten, um mehr zu verdienen. "Aber er konnte mit seinen Einnahmen nicht einmal die Kosten abdecken", sagt Witting. K. hätte Privatinsolvenz anmelden müssen, "aber es fehlte ihm der Mut, es seinem Umfeld, der Familie, dem Sohn zu sagen".

Stattdessen machte Günther K. weiter: Da die Buchprüfung für eine Wohnungseigentümergemeinschaft anstand, entschloss er sich, Kontoauszüge und Unterlagen zu fälschen, um seine Abhebungen zu vertuschen. "Das ging ganz einfach mit einem Programm aus dem Internet", sagt der 61-Jährige. Und obwohl er Fehler machte, ein falsches Datum eintrug, Minus- und Pluszeichen verdrehte, fiel der Schwindel erst Jahre später auf.

2016 erfuhr Günther K. von Ermittlungen gegen sich. Er ging zum Anwalt, zur Polizei, meldete Privatinsolvenz an. K. outete sich im Umfeld, "und viele haben sich von mir abgewandt", sagt er. Die bis zum Jahr 2012 begangenen Taten sind verjährt, übrig bleibt eine Schadenssumme von 326 000 Euro. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten, die Verteidigung zwei Jahre auf Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 18.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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