Prozess:Betrüger zockt Senioren ab, um Callboys zu bezahlen

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  • Mit verschiendenen Lügengeschichten soll sich Uwe L. etwa 285 000 Euro erschlichen haben.
  • Der 57-Jährige wurde bereits wegen ähnlicher Fälle verurteilt, floh dann aber aus dem Maßregelvollzug.
  • Ein psychiatrisches Gutachten bezeichnet ihn als pathologischen Lügner.

Von Christian Rost

Weil er das Bedürfnis nach Zuneigung hatte, ist Uwe L. zum Betrüger geworden. In München und Salzburg brachte er mit erfundenen Geschichten insgesamt elf Männer und Frauen dazu, ihm Darlehen mit einer Gesamtsumme von rund 285 000 Euro zu gewähren, die er nie zurückzahlte. Mit dem Geld bezahlte der 57-Jährige teure Hotels und Call-Boys: "Ich wollte richtig in den Arm genommen werden." Seit Mittwoch muss sich der Mann am Landgericht München I verantworten.

Er hatte verschiedene Geschichten auf Lager, um sich das Vertrauen der Leute zu erschleichen. Als er vor seinem Umzug nach Österreich 2012 in München lebte, sprach er Senioren auf der Straße an und gaukelte ihnen vor, dass er neun Millionen Euro geerbt habe. Ehe er die Summe ausbezahlt bekäme, müsste er allerdings Erbschaftssteuer bezahlen, wofür er dringend Geld bräuchte.

Er beteuert: "Ich respektiere, liebe alte Menschen"

Die Geschädigten - auch Männer aus seinem Bekanntenkreis - händigten ihm Beträge von 1000 bis 33 000 Euro aus und gewährten ihm in vielen Fällen weitere Darlehen, 58 insgesamt. Das Geld sahen sie nicht wieder, ebenso erging es später den Geprellten in Salzburg. In diesen Fällen erzählte er, dass er erkrankt sei und Geld für eine Operation benötige.

Mit derselben Masche war L. bereits in früheren Jahren aufgefallen, weswegen er 2008 zu einer dreieinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und damit einhergehend zur Therapie in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht wurde. Aus dem Maßregelvollzug floh L. und betätigte sich sofort wieder als Betrüger. Vor Gericht behauptete er, dass er schließlich selbst an die Geschichte mit dem Erbe geglaubt habe. "Ich respektiere, liebe alte Menschen", beteuerte er in seinem etwas theatralischen Auftritt.

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Die Vorsitzende Richterin Elisabeth Ehrl blickte skeptisch auf den Angeklagten und seine vorgebliche Reue. Ein psychiatrisches Gutachten hatte ergeben, dass L. ein pathologischer Lügner ist. Überdies bescheinigte ihm ein anderer Sachverständiger eine schwere Persönlichkeitsstörung. Dem Gericht stehen noch fünf Verhandlungstage zur Verfügung, um herauszufinden, was an L.s Geschichten wahr ist und was nicht.

© SZ vom 29.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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