Prozess:Altenpflegehelfer missbraucht drei wehrlose Heimbewohnerinnen

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  • Das Landgericht München I verurteilt einen 58-jährigen Altenpflegehelfer wegen sexuellen Missbrauchs zu vier Jahren Haft.
  • Der Mann hatte gestanden, drei alte Frauen missbraucht zu haben.
  • Die Heimleitung hatte offenbar versucht, den Fall zu vertuschen und dem Pfleger trotz allem ein gutes Arbeitszeugnis ausgestellt.

Von Andreas Salch

Als Heinz G. zur Polizei ging, um eine Aussage zu machen, wusste er, dass es danach keinen Weg mehr zurück in sein altes Leben geben wird. Mitte Februar vergangenen Jahres stand der 58-Jährige deshalb auch mit gepacktem Koffer vor der Tür der Inspektion Planegg. Der aus Thüringen stammende Altenpflegehelfer erklärte, er habe 2015 und im Januar 2016 drei alte, widerstandsunfähige Frauen des Evangelischen Alten- und Pflegeheims an der Germeringer Straße, in dem er sechs Jahre arbeitete, sexuell missbraucht.

An diesem Dienstag verurteilte die 20. Strafkammer am Landgericht München I Heinz G. wegen zwei Fällen schweren sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger sowie sexuellen Missbrauchs von Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen zu vier Jahren Haft. Einen der angeklagten Fälle stellte die Kammer unter Vorsitz von Richterin Sigrun Broßardt ein. Heinz G. nahm das Urteil äußerlich ungerührt an.

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Das älteste Opfer, an dem sich der Altenpflegehelfer sexuell verging, war zum Zeitpunkt des Übergriffs, im Januar vorigen Jahres, 92. Bei dieser Tat wurde der Angeklagte von einer Kollegin beobachtet. Obwohl die Pflegerin den Vorfall meldete, versuchte die Heimleitung, ihn zu vertuschen. Sie schloss mit dem 58-Jährigen einen Aufhebungsvertrag und stellte ihm ein sehr gutes Zeugnis aus, in dem es unter anderem hieß: "Sein Verhalten war einwandfrei, alles Gute und Gottes Segen." Ein anonymer Anrufer hatte die Polizei dennoch informiert. Doch da stand Heinz G. schon mit gepacktem Koffer vor der Tür der Planegger Polizeiinspektion.

Bei seiner Vernehmung durch die Beamten gestand er nicht nur den sexuellen Übergriff, bei dem er ertappt worden war. Er räumte auch drei weitere, noch schwerere sexuelle Missbräuche an zwei anderen Bewohnerinnen des Pflegeheims ein. Auch diese Opfer waren wie die 92-Jährige entweder dement oder in ihrer Orientierungs- und Kommunikationsfähigkeit stark eingeschränkt, so wie eine 74 Jahre alte Bewohnerin. Mit ihr vollzog Heinz G. auf einer Toilette des Heims den Geschlechtsverkehr. Aufgrund ihres psychischen Zustandes konnte keines der Opfer vor Gericht vernommen werden.

"Der Angeklagte hat sich als reuiger, schuldiger Angeklagter präsentiert"

Bei der Urteilsbegründung hob Richterin Sigrun Broßardt ausführlich das Geständnis des Angeklagten hervor. Dieses suche seinesgleichen. Der Pflegehelfer habe nichts beschönigt und seine "Opfer nicht in irgendeine Schmuddelecke gedrängt". Im Fall des Missbrauchs an der 92-jährigen Heimbewohnerin erwog Richterin Broßardt, dass der Austausch von Zärtlichkeiten, unter anderem Zungenküsse, "wohl im gegenseitigen Einvernehmen" geschehen sein könnte. Vielleicht habe die demente Frau Heinz G. wegen ihrer Krankheit "mit ihrem Mann verwechselt".

Die Kammer habe sich bei Urteilsberatung gefragt, ob der 58-Jährige das "Sexmonster" ist, als das ihn die Presse tituliert habe. "Der Angeklagte hat sich als reuiger, schuldiger Angeklagter präsentiert", so Richterin Broßardt. "Auf Wiedersehen Herr G., alles Gute", sagte die Vorsitzende, ehe ein Wachtmeister den 58-Jährigen abführte. Als "Sexmonster" wurde Heinz G. in keiner der Zeitungen bezeichnet, die über den Fall berichtet haben.

© SZ vom 22.02.2017 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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