Der Verein Grünzug-Netzwerk Würmtal kritisiert die Vergabe von Kiesabbaurechten im Forst Kasten als "folgenschwere Fehlentscheidung". Ende vergangener Woche hatte der Sozialausschuss des Münchner Stadtrats in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, dass das Neurieder Unternehmen Gebrüder Huber Bodenrecycling GmbH den Zuschlag erhält, neuneinhalb Hektar Wald zu roden, um den Untergrund auszukiesen. Die Stadträte handelten bei dieser Entscheidung in ihrer Funktion als Mitglieder des Stiftungsrats der Heiliggeistspital-Stiftung, der das Gelände gehört. Daher waren sie nach Einschätzung der Regierung von Oberbayern verpflichtet, die wirtschaftlichen Interessen der Stiftung zu wahren und für die Rodung von rund 9000 Bäumen zu stimmen, auch wenn dies den klima- und umweltpolitischen Überzeugungen der grün-roten Rathauskoalition zuwiderläuft. Die Aufsichtsbehörde hielt andernfalls auch Regressansprüche gegen einzelne Stadträte für denkbar.
Bis zur Abstimmung hatten Klimaaktivisten und Umweltschützer ein Waldstück im Forst Kasten, der unter Landschaftsschutz steht, drei Tage lang besetzt, um gegen Abholzung und Auskiesung zu protestieren. Eine weitere Facette des seit Jahren schwelenden Konflikts betrifft die Konkurrenz um Abbaurechte: Die Heiliggeistspital-Stiftung, die mit ihren Einnahmen das Altenheim Heiliggeist in Neuhausen unterhält, hat ihre Pachtverträge in der Vergangenheit meist mit der Würmtaler Bernhard Glück Kies-Sand-Hartsteinsplitt GmbH geschlossen. Weil diesmal kein Vertrag zustande kam, liegen Stiftung und Firma im Rechtsstreit, und die Gebrüder Huber Bodenrecycling GmbH wartet seit 2019 auf den Zuschlag für den Kiesabbau.
Aus Sicht des Grünzug-Netzwerks Würmtal wäre angesichts dieser Gemengelage eine Vertagung der Problematik im Sozialausschuss des Stadtrats die einzig richtige Entscheidung gewesen. Denn das größte Schadensrisiko sei der Rechtsstreit der Firma Glück mit der Stiftung. "Auch wenn die beiden Verfahren unabhängig laufen, ist unvermeidbar, dass nur eines von beiden Kiesabbauunternehmen zum Zuge kommen kann und das andere Unternehmen Schadenersatz in voller Höhe des entgangenen Gewinns einfordern kann" erklärt der Vereinsvorsitzende Herbert Stepp in einer Pressemitteilung.
Für das Allgemeinwohl viel schwerwiegender sei aber, dass "eine enttäuschend große Mehrheit der Mitglieder des Sozialausschusses sich von den strittigen und grenzwertig aggressiv vorgetragenen Drohungen der Regierung von Oberbayern hat einschüchtern lassen, um nicht mit dem Privatvermögen haften zu müssen". Die Vereinsmitglieder seien über die Entscheidung entsprechend enttäuscht, schreibt Stepp. Für die nächste Waldbesetzung kündigt er an, dass der Verein "zu einer generationenübergreifenden Beteiligung aufrufen" wird.