Planegg/Gräfelfing:Tauziehen um die Fristen

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Solange die Glück-Kiesgrube verfüllt wird, kann Gräfelfing keine Machbarkeitsstudie für Energiespeicher in Auftrag geben

Von Rainer Rutz, Planegg

Es war eine der ersten wichtigen Entscheidungen des neuen Planegger Gemeinderats 2020 und es war auch eine der bisher umstrittensten: Die Nichtteilnahme an dem anspruchsvollen Projekt einer Erdspeicherwärmeanlage für Energie aus Solarwärme und Geothermie in einer weitgehend auf Gräfelfinger Flur gelegenen, bisher nicht wiederaufgefüllten Kiesgrube der Firma Glück. Gräfelfing und Planegg sollten nach den Vorstellungen der Gräfelfinger Grünen und der Gruppe 21 Planegg eine Machbarkeitsstudie für das Projekt anregen. Während der Gräfelfinger Gemeinderat zustimmte, lehnten die Planegger ab. Derzeit läuft noch ein Vertrag des Kiesunternehmens mit Planegg, wonach die Grube bis Ende 2023 verfüllt sein muss, sonst muss die Firma mit Strafzahlungen rechnen.

Diese Androhung und die Verfüllzeit von zwei Jahren wollte Planegg aussetzen, solange die Gräfelfinger an einer Machbarkeitsstudie für den Energiespeicher arbeiten. Innerhalb der Zweijahresfrist sollte Glück die riesige Grube nicht weiter verfüllen. Gräfelfing stellte einen Antrag auf Fördermittel aus dem Programm "Wärmenetze" des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Nun allerdings meldete sich das Kiesunternehmen Glück zu Wort. Im Prinzip stehe man dem Vorhaben positiv gegenüber, hieß es, allerdings bräuchte man mehr Zeit, um die Grube zu verfüllen, sollte das Projekt scheitern. Glück brachte vier Jahre Verfüllzeit ins Spiel. Außerdem forderte das Unternehmen die Gemeinde Planegg auf, auf eventuelle Strafzahlungen zu verzichten. Bürgermeister Hermann Nafziger (CSU) tat das, was er laut Gemeindesatzung tun musste: Er ließ in nicht öffentlicher Sitzung seinen Gemeinderat über die Glück-Vorstellungen abstimmen.

"Doch", berichtet Nafziger jetzt, "da war nichts zu machen." Der Gemeinderat lehnte sowohl eine Verlängerung der Verfüllfrist als auch einen Verzicht auf eventuelle Strafgelder ab. Mit gutem Grund, sagt Nafziger: "Der Vertrag ist vor Jahren eigens so beschlossen worden, um ein Druckmittel zu haben." Schließlich liege die Kiesgrube nahe an Planegger Wohnsiedlungen. Nafziger glaubte, alles richtig gemacht zu haben, sagte er der SZ. In der Zwischenzeit allerdings verfüllte Glück die Grube weiter. Das stieß auf böse Reaktionen, denn solange verfüllt wird, kann Gräfelfing keine Machbarkeitsstudie beauftragen. Gräfelfings Bürgermeister Peter Köstler (CSU) ließ mitteilen, die Firma Glück zeige sich kooperativ, die Machbarkeitsstudie brauche allerdings Zeit, "die Planegg uns geben muss. Bis zum Nimmerleinstag kann niemand warten". Gleichzeitig hagelte es Proteste von Verfechtern der Anlage. Sie warfen Nafziger und dem Gemeinderat vor, das Thema absichtlich zu verschleppen, da nach Ansicht Planeggs viele technische Details zu dem Erdwärmebeckenspeicher - es wäre der größte in Europa - offen seien.

Nafziger habe sich, kritisiert jetzt der frühere Gemeinderat der Gruppe 21, Herbert Stepp in einem offenen Brief, für nicht mehr zuständig erklärt, da die Grube weitestgehend auf Gräfelfinger Flur liegt. Wenn die derzeitige Verfüllung der Grube nicht unterbrochen wird, sagt Stepp, könne Gräfelfing nicht weiter planen: "Nur Planegg kann Aufschub gewähren." Letztlich gehe es darum, für große Teile des Würmtals die Wärmeversorgung zu verbessern und dafür noch die Hälfte der Investitionskosten als Staatszuschuss zu bekommen. Stepp zu Nafziger und den Glück-Vertretern: "Soll die Beauftragung der Machbarkeitsstudie wirklich daran scheitern, dass man sich bezüglich der Verfüllfristen wegen ein paar Monaten hin oder her nicht einigen kann? Ich rufe Sie auf, sich an einen Tisch zu setzen und eine Lösung zu erarbeiten." Der so gescholtene Bürgermeister setzte sich zur Wehr: "Wir sind keine Blockierer", sagte Nafziger auf einer Pressekonferenz. Der Gemeinderat habe eine Fristverlängerung abgelehnt."

Auch Nafziger betont, dass "nun alle Beteiligten in eine Zwangslage gebracht worden sind." Gleichzeitig kritisiert er, die Vorbereitungen für eine Präsentation des Wärmespeichers im letzten Jahr seien nicht ausreichend gewesen, viele technische Grundfragen seien ungeklärt geblieben: "Die haben ihr eigenes Projekt kaputt gemacht", zürnt Nafziger. "Das ist von Anfang an komisch gelaufen." Planeggs Bürgermeister rät seinem Gräfelfinger Amtskollegen Köstler, "sich mit dem Kiesunternehmen Glück auszutauschen", um noch eine Lösung zu finden. An Planegg werde es jedenfalls nicht liegen, dass Gräfelfing seine Machbarkeitsstudie nicht auf den Weg bringen könne.

© SZ vom 14.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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