Pfarrgemeinderatswahlen:"Das Ehrenamt gibt einem viel zurück"

Vier Kandidaten für die Pfarrgemeinderäte erzählen, warum sie antreten und was sie bewirken wollen.

Von Julia Hans

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein gutes Beispiel dafür, was man im Pfarrgemeinderat alles erreichen kann, ist Hans Rombecks Initiative für eine Grafinger Tafel. "Die Fürsorge für benachteiligte Menschen ist wichtig", erklärt der 68-jährige pensionierte Marketingberater und Journalist. Die Idee, auch in Grafing bedürftige Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen, hat er vor 15 Jahren im Pfarrgemeinderat eingebracht und auch umgesetzt. Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Rombeck fand vor 20 Jahren als Mitglied im Pfarrgemeinderat vor allem die Verortung, die ihm zuvor als Pendler gefehlt hat. Weil er in der Landeshauptstadt beschäftigt war, sei er eher München zugewandt gewesen als seiner Heimatgemeinde Grafing. Die Aufgabe im Pfarrgemeinderat aber verbinde "ein gesellschaftliches Tun und das Zusammenkommen", so Rombeck. Wie sehr er sich inzwischen zu Hause fühlt, zeigen die zahlreichen Ämter, die er innehat, als Vorsitzender des Dekanatsrats etwa oder als Mitglied im Kuratorium des Caritaszentrums Ebersberg. Dass er auch nach 20 Jahren noch einmal für den Pfarrgemeinderat kandidiert, war für Rombeck keine Frage. Er übernimmt "gern Verantwortung" und vergleicht sein Engagement mit einem Fußballspiel: "Man kann entweder am Rand stehen und zusehen oder mitspielen - ich spiele lieber mit!" Nicht zuletzt auch, weil in den nächsten vier Jahren die Erarbeitung eines Pastoralkonzepts auf der Agenda steht - ein Thema, dessen er sich gerne schon früher angenommen hätte. Denn er fragt sich, woran es liegt, dass die Angebote der Kirche von einigen Gemeindemitgliedern gar nicht mehr angenommen werden. "Hierfür gibt es Auslöser, Enttäuschungen", über die Rombeck gerne sprechen würde. Er selbst hinterfragt seine Arbeit für die Pfarrei und das Bild, das Kirche und Pfarrei abgeben, immerzu kritisch und beginnt auch bei sich selbst mit der Fehlersuche. Die Frage, die er in den nächsten vier Jahre gerne beantworten möchte, lautet: "Wie können wir einander wieder besser verstehen?"

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(Foto: Privat)

Auf der Liste der Pfarrei St. Raphael in Moosach stehen 18 Kandidaten. Ein Drittel davon ist 20 Jahre und jünger. Zu ihnen gehört auch Peter Schlingensief. "Wir möchten zeigen, dass eine Pfarrei etwas Lebendiges sein kann, dass dort Platz für Spaß ist", sagt der Schüler. Er ist aktiv in der Pfarrjugend, übernahm sogar schon die Leitung. Mit der Kandidatur wollen er und die anderen Jugendlichen ihrer Pfarrgemeinde etwas zurückgeben. "Wir bekommen viel, können das Pfarrgelände, den Saal, unseren Jugendraum nutzen und haben viele Freiheiten", so Schlingensief. Den Pfarrgemeinderat kennt er schon von einigen Veranstaltungen. "Der ist vom Organisatorischen her das Wichtigste in der Gemeinde." Wenn er selbst gewählt wird, möchte der 18-Jährige die Kommunikation zwischen dem Rat und der Pfarrjugend verbessern, Projekte gemeinsam angehen. "Das erleichtert vieles, gerade die Planung von Festen." Seine Mutter war bisher schon Pfarrgemeinderatsmitglied und kandidiert wieder, den Sohn stört das nicht. "Wir kommen gut miteinander aus, sie setzt sich auch viel für die Jugend ein." Die Jugend war in St. Raphael schon immer sehr aktiv, die Firmung wird von Jugendlichen organisiert, viele bringen ihre Freunde mit zu Treffen. Trotzdem glaubt Schlingensief nicht, dass er und seine Freunde alle gewählt werden. Gerade junge Leute bekämen die Wahl gar nicht mit, und die älteren Kandidaten seien einfach bekannter. "Aber es gibt auch keinen wirklichen Wahlkampf." Ob gewählt oder nicht, zu den Pfarrgemeinderatssitzungen könne ja jeder gehen, die sind öffentlich. "Mitreden kann da jeder, nur abstimmen nicht." Schlingensief geht in die elfte Klasse eines Gymnasiums, eine Pfarrgemeinderatssitzung einmal im Monat sollte zeitlich kein Problem sein, meint er. Ob Pfarrfest, Weihnachtsfest oder Pfarrfasching, er hat schon bei vielen Veranstaltungen mitgeholfen. Deshalb hätten er und seine Freunde auch einen Pluspunkt: "Wir kennen viele Abläufe schon und müssen nicht erst eingearbeitet werden."

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(Foto: Privat)

Alicia Kopper hat die Ehrenamtskarriere in ihrer Pfarrgemeinde Christi Himmelfahrt in Waldtrudering vorbildlich durchlaufen. Vom Jugendgruppenkind zur Jugendgruppenleiterin, vom Firmling zur Firmgruppenleiterin, seit zehn Jahren ist die gelernte Apothekerin außerdem Lektorin. Nun kandidiert die 30-Jährige bereits zum zweiten Mal für den Pfarrgemeinderat. Sie freut sich, dass dieses Jahr die Kandidatenliste für die Wahl so bunt gemischt ist: Vom 18-jährigen Bauzeichner bis zur 78-jährigen Rentnerin. Der Altersdurchschnitt bewege sich aber auch bei ihnen um die 50. In der Rente bleibe einfach oft mehr Zeit für ein Ehrenamt. Als junger Mensch müsse man für Arbeit oder Studium zudem oft umziehen. "Viele Jugendliche wissen aber auch gar nicht so recht, was dieser Rat genau ist, oder was wir so machen." Dabei sei der Pfarrgemeinderat für alle interessant: "Man kann mitgestalten, bei der Modernisierung der Kirche mithelfen." Ein Zukunftsprojekt, das Kopper besonders am Herzen liegt, hat sie auch schon: einen E-Mail-Newsletter. "So können wir einfach viel mehr Mitglieder erreichen", sagt die 30-Jährige. "Zum Beispiel, wenn wir für ein Fest noch ein paar helfende Hände brauchen." Auch über den Facebook-Auftritt hätten sie bei einer Sitzung schon debattiert, genauso wie über das Thema Kirchenasyl. Der Pfarrgemeinderat in Waldtrudering habe sich in den vergangenen Jahren bemüht, präsenter zu werden. Kopper erzählt von einem Stand am Pfarrfest mit Luftballons und der Aktion Dialog nach dem Gottesdienst. "Nach der Kirche stehen immer die gleichen Gruppen zusammen, das wollten wir ein bisschen aufbrechen." Sie stellten Stehtische draußen auf und sprachen mit den Leuten über die Lesung. Das sei gut angenommen worden. "Das Ehrenamt gibt einem viel zurück", findet Kopper. Ganz persönlich profitiere sie außerdem vom Erfahrungsaustausch zwischen den Generationen im Pfarrgemeinderat. "Bei uns sagt keiner, so machen wir das, weil wir das schon immer so gemacht haben."

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(Foto: Privat)

Der Pfarrgemeinderat ist für Sabrina Keller kein unbekanntes Gremium. "Das sind eigentlich alles bekannte Gesichter", sagt die 19-Jährige. "Die Leute, die in der Pfarrei aktiv sind, kennen sich" - ob vom Kindergartenbasar, den Sternsingern oder dem Kirchenchor. Dieses Jahr kandidiert die Abiturientin zum ersten Mal für den Pfarrgemeinderat in ihrer Truderinger Pfarrgemeinde St. Augustinus. "Das ist sinnvoll, weil ich eh schon bei vielen Sachen dabei bin", sagt Keller. Sie ist Oberministrantin und Mitglied der Gruppenleiterrunde. Falls sie gewählt wird, möchte sie deshalb auch speziell die Interessen der Jugend und der Ministranten vertreten. Elf Kandidaten stehen für die Gemeindemitglieder von St. Augustinus auf der Vorschlagsliste, acht kommen am Ende rein. Keller geht davon aus, dass nur die Leute an der Wahl teilnehmen, die sich auch informiert haben. "Wenn man nichts mit Kirche zu tun hat, fehlt doch auch die Motivation, wählen zu gehen", sagt die 19-Jährige. Alle Truderinger Kandidaten haben sich in der Kirche vorgestellt, ihre Bilder hängen aus. "Beim Pfarrfasching konnte man uns beispielsweise auch kennenlernen oder Fragen stellen." Ob sie am Ende gewählt wird oder nicht, sieht Keller gelassen. "Wenn ich gewählt werde, bin ich drin, das wär schön. Ansonsten engagiere ich mich eben nur weiter in der Gruppenleiterrunde." Seit dem Abitur im vergangenen Jahr jobbt die Truderingerin, dieses Jahr möchte sie noch etwas reisen, bevor sie im Herbst ihr Medizinstudium oder die Ausbildung zur Operationstechnischen Assistentin beginnt. "Ich habe die Reise für die Sommerferien geplant, da wären auch keine Sitzungen", sagt Keller. Sie hat sich gut informiert und weiß, welcher zusätzliche Arbeitsaufwand mit dem Ehrenamt auf sie zukommen würde. Wenn sie die Ausbildung beginnt, würde sie auch versuchen, einen Platz in München zu bekommen. Ihrer Zukunft als Pfarrgemeinderatsmitglied steht also nichts im Weg - nur noch die Wahl am Wochenende.

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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