Pasing/Obermenzing:Wohnen und teilen

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Auf knapp sechs Hektar Fläche entsteht in den nächsten zwei Jahren in Obermenzing nördlich der städtischen Feuerwache ein Quartier mit rund 340 Mietwohnungen für mehr als 800 Menschen. (Foto: OH)

An der Lipperheidestraße entstehen derzeit 340 Mietwohnungen. Die Bauherren kündigen für die Siedlung ein Mobilitätskonzept mit Car-Sharing-Modell, Ladestationen für Elektroautos und mehr als 400 Fahrradparkplätze an

Von Jutta Czeguhn, Pasing/Obermenzing

Eine Pippinger Straße, die heute schon überlastet ist, und zwar in beide Richtungen. Die Alte Allee, die auch kaum mehr zusätzlichen Verkehr verkraften kann. Und noch lange nicht in Sicht: das von der Stadtverwaltung seit Jahren versprochene Verkehrskonzept für Pasing Nord, das auch unmittelbar Obermenzing betrifft. Dort entsteht auf knapp sechs Hektar Fläche östlich der Lipperheidestraße ein Quartier mit rund 340 Mietwohnungen, in dem einmal mehr als 800 Menschen leben sollen. Menschen, die mobil sein wollen, und denen die Aussicht auf täglichen Stau und Verkehrslärm in der Nachbarschaft ebenso wenig behagt, wie all jenen, die im Zuzug der neuen Nachbarn den Grund sehen, dass nun alles noch viel schlimmer wird.

Einer der Bauherren an der Lipperheidestraße, der Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF), hat jetzt ein Mobilitätskonzept angekündigt. Es geht um Car-Sharing im Wohnquartier, Fahrradabstellplätze und Ladestationen für Elektroautos.

Eigentümer und Bauherren im Gebiet westlich der Pippinger Straße sind neben dem Wittelsbacher Ausgleichsfonds die StadiBau GmbH, die Grandl GbR und die Landeshauptstadt München. Geplant sind im Quartier Mietwohnungen, darunter auch öffentlich geförderte Wohnungen, mit Schwerpunkt auf familiengerechtem und barrierefreiem Wohnraum. Zudem eine Kita mit Kinderkrippen- und Kindergartenplätzen.

Der Wittelsbacher Ausgleichsfonds ist eine 1923 gegründete Stiftung öffentlichen Rechts, die das Stiftungsvermögen des Hauses Wittelsbach verwaltet. Auf seinen 22 500 Quadratmetern Grundstücksfläche baut der WAF 192 Wohnungen in fünf Gebäuderiegeln. "Weil neue Wohnprojekte vermehrt am Stadtrand entstehen, muss die Mobilität der Anwohner bereits bei der Planung mehr denn je berücksichtigt werden und in die Infrastruktur einfließen", sagt Michael Kuemmerle, Vorsitzender des WAF.

In den vergangenen Jahren habe das Mobilitätsbedürfnis weiter zugenommen. Entsprechend steige das Interesse an Immobilien, die gut an das städtische Verkehrsnetz angebunden sind. Neue Mobilitätskonzepte müssten allerdings bereits beim Aufbau der Infrastruktur einer Immobilie berücksichtigt werden - etwa beim Carsharing. Deshalb will der Bauherr zusammen mit einem regionalen Anbieter den Bewohnern seiner Mietwohnungen Carsharing-Autos zur Verfügung stellen. Die Fahrzeuge sollen in der Tiefgarage des Komplexes untergebracht und über eine App gebucht werden können. "Die Fahrzeuge direkt aus der eigenen Wohnanlage heraus nutzen zu können, bietet den Vorteil, dass Wege zu einer Carsharing-Station eingespart werden. Anwohner würden durch den eigenen Standort dazu ermutigt, Carsharing zu nutzen und auf ein eigenes Auto zu verzichten", glaubt Kuemmerle.

Auch zum Umstieg auf Elektroautos möchte der Bauherr die künftigen Bewohner ermuntern. Die Hälfte der insgesamt 203 Tiefgaragen-Stellplätze soll für einen späteren Ladeanschluss präpariert, überdies zehn Elektroschnellladestellen für E-Fahrzeuge eingerichtet werden. Der Ausgleichsfonds verweist auf eine Studie, nach der die Mehrheit der Nutzer von Elektrofahrzeugen ihre Autos am liebsten an Ladestellen in der eigenen Garage oder auf dem Gelände der Arbeitsstelle aufladen. Denn das Laden während der Nachtstunden oder der Arbeit ist komfortabel und vor allem praktisch.

An das öffentliche Nahverkehrsnetz angebunden ist das Baugebiet Lipperheide nur durch MVG-Buslinien; der 56er verkehrt zwischen Schloss Blutenburg und dem Bahnhof Pasing mit Haltestellen an der Alten Allee, Polko- und Rubensstraße. Die Linien 159 und 160 fahren vom Halt an der Blutenburg zur Pasinger Station. Wer sich vom Quartier zu Fuß zum Bahnhof aufmachen möchte, hat einen gewissen Marsch vor sich. Mit dem Fahrrad allerdings sind es nur wenige Minuten dorthin. Für die Radler unter seinen künftigen Bewohnern plant der Wittelsbacher Ausgleichsfonds in der Anlage insgesamt 405 Fahrradstellplätze und spezielle Fahrradräume. "Die Vielzahl an Fahrrad-Abstellmöglichkeiten soll das Bewusstsein der Anwohner schärfen, Strecken vermehrt mit dem Rad zurückzulegen", hofft sagt Kuemmerle.

Im vierten Quartal 2020 sollen die fünf Gebäuderiegel an der Lipperheidestraße laut Bauherr fertiggestellt sein. Möglicherweise hat bis dahin auch die Stadt ihre Pläne umgesetzt und am Nordausgang des Pasinger Bahnhofs zusätzliche Fahrradstellplätze in großem Umfang realisiert. Denn sonst könnte es anstrengend werden für die Radler von der Lipperheidestraße, sich dort dann mit den vielen Zuzüglern von der Paul-Gerhardt-Allee um die wenigen noch verbliebenen Radlständer balgen zu müssen.

© SZ vom 26.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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