Pasing/Obermenzing:Zwischen Bürokratie und echter Sorge

Lesezeit: 2 min

Streitobjekt: die Container-Klassenräume der Grandlschule. (Foto: Lukas Barth)

Bei einer erneuten Debatte des Bezirksausschusses Pasing-Obermenzing über die mit Formaldehyd belastete Container-Grundschule an der Grandlstraße trägt Stadtschulrat Rainer Schweppe wenig zur Beruhigung der Eltern bei

Von Thomas Kronewiter, Pasing/Obermenzing

Die Verunsicherung an der Obermenzinger Grandlschule hält weiter an, daran haben auch die jüngsten runden Tische und der persönliche Einsatz von Stadtschulrat Rainer Schweppe nichts geändert. Zwar bekräftigte der Chef des Referates für Bildung und Sport am Dienstagabend in einer zweistündigen, intensiv geführten Debatte vor dem Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing, dass sämtliche Unterrichtsräume an der mit Formaldehyd belasteten Container-Grundschule nun ohne Einschränkungen nutzbar seien. Nach dem Einbau von Lüftern in alle Räume werde nicht nur der in Deutschland maßgebliche Richtwert von 0,1 Parts per Million (ppm), sondern auch der strengere Luftgüteleitwert der Weltgesundheitsorganisation von 0,08 ppm durchgehend und deutlich unterschritten.

Der Stadtschulrat, den eine mehrköpfige Delegation aus dem Baureferat und dem Referat für Gesundheit und Umwelt begleitete, schaffte es dennoch nicht, die Bezirksausschuss-Mitglieder und die besorgten Eltern zu beruhigen. Die Lokalpolitiker sahen vielmehr die Notwendigkeit, erneute Messungen zu fordern, die vom Stadtschulrat angebotene Mediation zwischen Eltern und Schulleitung zu realisieren, Eltern künftiger Erstklässler zu Schulbeginn zu informieren und Gastschulanträge großzügig zu behandeln.

Die einzige echte Zusage, zu der sich Schweppe am Abend neben der Ansprechbarkeit seiner Experten in der Lage sah, war das Angebot einer Mediation - sofern diese erwünscht sei. Ob Eltern, die ihre Kinder an der Grandlschule ab- oder erst gar nicht anmelden wollen, dies dürfen, diese mehrfach geäußerte Bitte nehme er erst einmal als Anregung mit, sagte er. Noch einmal prüfen lassen will er auch, ob das Referat nicht doch eine Möglichkeit sieht, ein von den Eltern selbst in Auftrag gegebenes Gutachten zu bezahlen. Das hatte Schweppe zunächst rundweg als unmöglich abgelehnt - zumal die Experten der Stadt in dem Gutachten methodische Mängel anmahnten. Die Eltern dagegen pochen darauf, dass sie kein Gefälligkeitsgutachten bekommen, sondern einen Fachgutachter beauftragt hätten. Wie unterschiedlich die Bewertung ausfällt, zeigt die Haltung von Eltern und städtischen Fachleuten zu den Bedingungen des Privatgutachtens, das tatsächlich in einem Raum Überschreitungen des Leitwerts der Weltgesundheitsorganisation zutage gebracht hatte. So kritisierten die Stadt-Vertreter Extrembedingungen - und meinten damit etwa das Geschlossenhalten der Fenster über mehrere Stunden. Die Eltern dagegen verwiesen darauf, dass man nicht gelüftet habe, weil sich zum Vermeiden von Fälschungen erst ein "Luftraumgleichgewicht" habe einstellen müssen. Zudem sei es bei den Messungen im Juni lange nicht so heiß gewesen wie vier Wochen später.

Rainer Schweppe nahm die aktuellen Ergebnisse an der nun am gründlichsten untersuchten Schule Münchens zum Anlass, im Sinne einer Wiedereinkehr des Schulfriedens ein Ende der Debatte zu empfehlen. Noch nie seien an der Grandlschule die maßgeblichen Grenzwerte überschritten worden. Schweppe musste sich aber von Rudolf Fuchs vom Referat für Gesundheit und Umwelt korrigieren lassen, dass dies 2014 in mehreren Räumen sehr wohl der Fall gewesen sei - was der Anlass für die Stadt war, sofort einzuschreiten. Schweppe sagte auch, man habe nach der in den Ferien bekannt gewordenen Problematik sehr frühzeitig versucht, die Schulleitung zu kontaktieren. Das, räumte er ein, sei allerdings daran gescheitert, dass "wir im Referat keine Telefonnummer hatten".

Die Reaktionen der Stadtteilpolitiker auf solche Feststellungen waren unterschiedlich: Während Sigrid Kaschuba (Grüne) für sich den Schluss zog, die Schließung der Schul-Container zu fordern, ließ CSU-Sprecher Frieder Vogelsgesang erkennen, dass er seine Hoffnung, nach einem Jahr der Krise an diesem Abend alle offenen Fragen zu klären, zunehmend in Frage gestellt sehe.

Ein Lichtblick für die Kinder der Grandlschule ist, dass die anhaltenden Querelen zumindest einen Durchbruch für die erhoffte Vergrößerung des Pausenhofes gebracht haben. Beate Steier vom Baureferat gestand auch zu, dass man aus dem Debakel Konsequenzen für die Gesamtstadt gezogen habe: Künftig wird gerade bei Pavillonbauten noch genauer hingeschaut - zum Teil schon bei der Fertigung von Bauteilen in der Fabrik. Und offenlegen will man das gesamte Vertragswerk mit den Firmen - sobald alle datenschutzrechtlich problematischen Stellen geschwärzt sind.

© SZ vom 30.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: