Olympiadorf:Ausgeschlossen

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Viele Autos, wenig Platz: Bis auf Weiteres dürfen größere Fahrzeuge nicht mehr auf den öffentlichen Straßen des Olympiadorfes parken. (Foto: Florian Peljak)

Wohnmobile und andere größere Gefährte sollen auf den öffentlichen Straßen nicht mehr parken dürfen. Das Mobilitätsreferat will dadurch für mehr Stellplatz sorgen - dagegen regt sich Kritik

Von Lea Kramer, Olympiadorf

Bußgelder gegen illegales Gehsteigparken, Fahrradstreifen statt Parkplätze oder Stadtmöbel auf früheren Haltezonen: Wenn es ums Parken geht, wird überall in der Stadt hitzig debattiert. Jedes Viertel hat seinen eigenen Parkkonflikt, der teils schon jahrelang schwelt. Im Olympiadorf soll nun eine umstrittene städtische Anordnung mehr Platz unterm Parkdeck schaffen - künftig dürfen keine Wohnmobile mehr im Quartier parken.

Die Bewohner des als autofrei angelegten Wohnviertels am Rande des Olympiaparks ächzen schon seit Längerem unter einem hohen Parkdruck. Da kann es schon mal vorkommen, dass sich der eine Nachbar öffentlich über den anderen echauffiert. "So sieht asoziales Verhalten aus", schreibt zum Beispiel eine Person vor ein paar Wochen ans Schwarze Brett der Nachbarschaftsseite des Olympischen Dorfes im Internet. Dazu veröffentlicht sie ein Foto eines etwas älteren Wohnwagens, abgestellt im überdachten Bereich der Straßbergerstraße. Einen Tag später antwortet der Wohnwagenparker: "Ich kenne den Frust, wenn man keinen Parkplatz findet. Mir aber asoziales Verhalten nachzusagen, geht dann doch zu weit."

Es sind Auseinandersetzungen wie diese, die Christian Treffer vom Olympiawerk dazu bewegt haben, ein Modell zu entwickeln, das die Stellplätze im Olympischen Dorf besser auslasten soll. Der Schreiner führt seit fünf Jahren gemeinsam mit seiner Frau einen Laden am Helene-Mayer-Ring 15, in dem sie Handwerks- und Serviceleistungen anbieten. Dazu gehört auch ein neues Parkplatz-Sharing. Er habe festgestellt, dass einige Parkplätze tagsüber unbenutzt seien, während andere in dieser Zeit nach einem Stellplatz suchten. "Ich habe mich gefragt, wie könnte man diese Leute zusammenbringen", sagt Treffer. Das System hat er zu Beginn der Sanierung einer Anwohnerparkgarage eingeführt, mittlerweile hat er an die 50 Stellplätze zu vergeben. Das System funktioniert so: Ein Gewerbe, zum Beispiel ein Hotel, oder eine Privatperson vermietet ihm die eigene Stellfläche. Treffer bringt ein Schild mit "Olympiawerk" an. Jeder, der Mitglied in seinem Teil-Klub ist, darf dort parken. Ob das geteilte Leid den Frust im Dorf beseitigt, bleibt abzuwarten. Treffer ist optimistisch: "Ich habe gerade die Möglichkeit bekommen, 66 weitere Plätze zu mieten. Da könnte man auch Camper und Wohnmobile gut draufstellen." Auch ein genossenschaftliches Modell sei vorstellbar, einen Parkplatz-Pool, an dem die Bewohner des Olympiadorfs finanziell beteiligt sind.

Gedanken macht man sich nicht nur direkt am Ort, 2013 hatte sich der Stadtrat mit dem Parken im Olympiadorf befasst - bislang ohne zufriedenstellende Antworten. Da dort für jede Wohnung ein Stellplatz ausgewiesen worden ist, gibt es - zumindest rein rechnerisch - keinen Mangel im Viertel und folglich keine Rechtfertigung für ein Parklizenzgebiet, zumal der Stadtteil außerhalb des Mittleren Rings liegt. Eine angespannte Situation sieht das Referat für Stadtplanung und Bauordnung dort aber wohl doch. In einer Untersuchung des Gebiets stellt es fest, dass zum Jahresende 2019 im Olympischen Dorf 1960 private Kraftfahrzeuge gemeldet waren. Ihnen standen 2850 private sowie 670 öffentliche Stellplätze gegenüber. Gerade während größerer Veranstaltungen im Olympiapark würde sich der Parksuchverkehr spürbar ins Olympische Dorf verlagern. "Die Parkplatzsituation im Umfeld des Olympiaparks kann als prekär bezeichnet werden", heißt es sogar in einem Schreiben aus dem Kreisverwaltungsreferat an den Bezirksausschuss (BA) Milbertshofen-Am Hart, in dem es um Zufahrtskontrollen ins Dorf geht, die aber abgelehnt wurden.

Für mehr Stellplatz und weniger Frust soll nun eine verkehrsrechtliche Anordnung aus dem Mobilitätsreferat sorgen. Dieses hat für den gesamten öffentlichen Straßenbereich des Olympiadorfes, "einschließlich des unterirdischen Bereiches", das Parken auf Pkw beschränkt. Kommende Woche sollen probeweise die Schilder aufgestellt werden. "Seit einiger Zeit mehren sich die Beschwerden über dauerhaft in diesen Straßenzügen abgestellte Wohnwagen, Anhänger und Wohnmobile bei der örtlich zuständigen Polizeiinspektion", sagt ein Sprecher des Referats. Allein an einem Tag im März hätte die Polizei 13 Anhänger und zwei Kraftfahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht im unterirdischen Teil des Dorfes festgestellt.

Das Referat rechtfertigt die neue Vorschrift aber nicht nur mit dem hohen Parkdruck im Viertel, sie habe auch einen brandschutzrechtlichen Hintergrund. Demnach würden in den unterirdischen Straßenzügen auch immer wieder Fahrzeuge parken, in denen Gasflaschen oder andere brennbare Materialien verbaut seien. "Hinzu kommt die generell als etwas problematisch einzustufende Brandsicherheit im unterirdischen Teil des Olympiadorfes, für die erst kürzlich völlig neue Absicherungsmaßnahmen gefunden werden mussten, da sich die erforderlichen Brandschutztore als technisch untauglich erwiesen und ihre Funktion nicht erfüllen konnten", so der Sprecher. Eine Gefährdungssituation durch die abgestellten Fahrzeuge sei nicht mehr hinnehmbar.

Diese Gefahr sieht auch Herbert Hantelmann. Der Geschäftsführer der ODGB Olympiadorf-Betrieb Beteiligungs GmbH, die die gemeinsamen Flächen im Dorf für die Eigentümer verwaltet, erzählt von zwei Bränden in den Fahrstraßen, die Schäden von einer Viertelmillion Euro verursacht hätten. Er will abwarten, wie die Anordnung sich auf das Parkplatzproblem auswirken wird. "Das Olympiadorf liegt wie eine Insel zwischen den Gewerben, dem Olympiapark und dem Mittleren Ring. Das macht es sehr sehr eng", sagt Hantelmann.

Die Lokalpolitiker jedenfalls finden die Maßnahme aus dem Mobilitätsreferat überzogen. Fraktionsübergreifend haben sie sich im Bezirksausschuss gegen das Wohnmobil-Verbot gewandt und fordern in einer von der SPD initiierten Stellungnahme ein Gespräch mit der Stadt. "Wir protestieren dagegen, dass Wohnmobile und andere größere Gefährte nicht mehr erlaubt sind", sagt SPD-Fraktionssprecherin Susanne Schneider-Geyer. Vielmehr wolle man endlich ein Parkraummanagement - und zwar im gesamten Bezirk.

© SZ vom 02.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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