Oktoberfest:Wenn auf der Wiesn die große Liebe wartet

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Die Wiesn ist auch ein großes Kennenlernfest. (Foto: Illu: Jessy Asmus)

Manche Paare kommen nach Jahren mit ihren Kindern und Enkeln wieder, andere feiern sogar ihre Verlobung oder Hochzeit auf dem Oktoberfest. Die schönsten Liebesgeschichten von SZ-Lesern.

Protokolle von Isabel Bernstein

Das Oktoberfest ist nicht nur ein rauschendes Fest, sondern auch ein großer Heirats- und Kennenlernmarkt. Manchmal spielen sich hier auch Dramen ab. Die SZ hat ihre Leser nach ihren Wiesn-Geschichten gefragt. Eine Auswahl:

Schluckauf ins Glück

Am 24. September 2004 war ich mit meinem damaligen Freund auf der Wiesn. Als die Zelte geschlossen wurden, bekam ich auf dem Weg durch die Wirtsbudenstraße einen fürchterlichen, nicht enden wollenden Schluckauf. Am Hippodrom überredete ich die Ordner, mich ins Zelt zu lassen. Das Zelt war fast leer und zielstrebig ging ich auf einen Tisch zu, an dem zwei Jungs saßen, meinen damaligen Freund im Schlepptau. Die beiden müssen sich weiß Gott was gedacht haben, als sich eine angetrukene hicksende Tussi zu ihnen setzte. Wir kamen ins Gespräch, wurde aus dem Zelt komplimentiert, der Schluckauf hörte irgendwann auf und man zog noch weiter ins Lenbach. Telefonnummer wurden getauscht und der erste SMS-Kontakt war noch am selben Abend. Ich habe damals noch in Frankreich gewohnt, aber meine Wiesn-Bekanntschaft war der Grund, weswegen ich meinen damaligen Freund nach knapp einem Jahr verlassen habe und wieder nach München gezogen bin. Das Hippo gibt es leider nicht mehr. Aber wir sind nach 14 Jahren auch ohne Hippo noch mehr als happy. (Nicole, 45)

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Jugendschwarm nach 30 Jahren wiedergetroffen

Ich traf am 23. September 2012 auf dem Oktoberfest meinen Jugendschwarm nach 30 Jahren wieder und ließ ihn nicht mehr los. Wir haben darauf im Januar an einem Freitag den 13. geheiratet und ich zog erst einmal zu ihm nach NRW. Dort wurde ich vor Heimweh so krank, dass wir nach sechs Jahren endlich wieder in München leben. So können wir unseren Jahrestag jedes Jahr auf der Wiesn zelebrieren. (Tanja Biendl, 51)

Tag der Deutschen Einheit? Tag der Liebe!

Am 3. Oktober 2004, Tag der Deutschen Einheit und letzter Wiesn-Tag: Mein Freund Joey hatte noch Marken vom Augustiner übrig, die noch weg mussten. Olli, ein anderer Freund, hatte sich auch angekündigt. Joey und ich saßen schon eine Weile, als Olli, der normalerweise nie eine Frau dabeihatte, mit ihr auftauchte: Kerstin, die er einen Tag vorher kennengelernt hatte. Rotes Dirndl, tolles De­kolle­té und unwiderstehliches Lächeln - und aus Sachsen (und ich aus Bayern). Ich war sofort hin und weg und, wie ich später erfuhr, sie auch. Allerdings war sie ja mit Olli da, weshalb zunächst an dem Abend zumindest äußerlich nicht viel passierte. Glücklicherweise hatte Olli später durchblicken lassen, dass er gar nicht so viel Interesse an ihr hat, und mir die Telefonnummer überlassen. Wir trafen uns dann ein paar Tage später und es war passiert. Am 30. September 2009 heirateten wir dann - wir wollten eigentlich am 3. Oktober, das geht in München aber leider nicht. Die Feier war dann auch auf der Wiesn. Inzwischen haben wir drei Kinder, seit unserem Kennenlernen gehen wir jedes Jahr am 3. Oktober hin, unserem persönlichen Tag der Deutschen Einheit. (anonym)

Schokoherz verweigert, das wahre Herz erobert

29. September 1979, vor 39 Jahren also, war ich mit Freunden auf der Wiesn. Dirndl und Lederhose waren ein No-Go für uns, Bierzelt nur, wenn es sein musste, und Geld hatten wir sowieso keins. Ich wartete noch auf ein paar Nachzügler und wollte dann nach Schwabing ins Tattersall gehen, angesagte Location, wer sich noch erinnert. Unter den Nachzüglern war ein "Mike", der mit der Einzige etwas Ältere zu sein schien. Ihn haute ich frech an, ob er mir ein Schokoherz kaufe. Michael, so sein richtige Name, weigerte sich konsequent, was mein Interesse weckte. Dennoch ging ich kurz darauf, der Cappuccino im Tattersall lockte. Dank eines gemeinsamen Freundes kamen wir einen Monat später zusammen. Mein Herz bekam ich dann natürlich später doch noch. Zwei Kinder und zwei Enkelkinder später erinnern wir uns gerne daran und auf die Wiesn gehen wir jetzt in Dirndl und Lederhose. (Franziska, 58)

Die Liebe bei einem Glas Wasser entdeckt

Am 6. Oktober 2007 stand ich am späten Nachmittag in der Schnapsbar im Schützenzelt mit ein paar Freunden. Freunde von denen kamen wiederum dazu und wir wurden alle einander vorgestellt. Ein gutaussehender Mann Ende zwanzig fiel mir besonders auf. Wir kamen ins Gespräch und verstanden uns sehr gut. Er stach schon dadurch heraus, dass er sich (im Gegensatz zu vielen anderen um diese Uhrzeit) noch artikulieren konnte, und so führten wir tatsächlich tiefgründige (ja, wirklich!) Gespräche. Zwischendrin bestellte er uns Wasser, weil er sichergehen wollte, dass ich ihm nicht umkippe (unberechtigte Sorge, aber trotzdem lobenswert). Nach langen Unterhaltungen, ein paar Schnäpsen und ein paar Gläsern Wasser tauschten wir Telefonnummern. Noch am selben Abend trafen wir uns wieder und küssten uns zum ersten Mal. Von da an waren wir ein Paar. Fünf Jahre später feierten wir - auch auf dem Oktoberfest - unsere Verlobung mit der Familie. Inzwischen sind wir seit fünf Jahren glücklich verheiratet und haben zwei süße Kinder. (anonym)

Erstes Date klassisch am Riesenrad

Ich war mit Freundinnen im Schottenhamel. Nach und nach sind immer mehr von meinen Freundinnen heimgegangen, zwei Jungs haben sich dafür an unseren Tisch gesetzt. Der eine, der dann später zu meinem Wiesngschpusi geworden ist, hat mir geholfen, eine lästige Offerte von einem Typen abzuwehren. Wir stellten fest, dass wir nur 100 Meter Luftlinie voneinander entfernt aufgewachsen sind, gemeinsame Freunde haben und für eine Zeit auf derselben Schule waren. Trotzdem kannten wir uns nicht. Unser erstes Date hatten wir dann zwei Tage später, ganz klassisch 15 Uhr am Riesenrad. Nach ein paar Mass und nach einem Besuch im Spiegelkabinett haben wir uns geküsst. Wir haben uns noch ein paar Mal auf der Wiesn getroffen, aber trotzdem war ich vor unserem ersten Date nach der Wiesn total nervös. Wir haben uns eine Fotoausstellung im Rathaus angeschaut, waren im Kino und sind mit einem Bier in der Hand quer durch die Stadt spaziert, haben uns gegenseitig Bier ausgesucht am Kiosk und sind dann gegen fünf Uhr morgens in einer Pizzeria am Sendlinger Tor gestrandet, wo eine Frau uns eine Rose geschenkt hat, weil wir so süß waren. Das ist jetzt genau drei Jahre her. Schon verrückt, dass man so viele Gelegenheiten gehabt hätte, sich kennen zu lernen, aber sich dann erst auf der Wiesn mit sechs Millionen Besuchern trifft. (Carli, 25)

Zur Angebeteten in die U-Bahn gesprungen

Mit zwei Freundinnen war ich Ende September 2005 aus Hannover extra zur Wiesn angereist. Gemeinsam mit meiner Schwester, die in München wohnte, stellten wir uns schon früh morgens vor das Schützenfestzelt, um noch Plätze im Zelt zu ergattern. Zwölf Stunden und unzählige Maß später sollte ich unter den vielen Tausend Besuchern den Richtigen finden: Er stand mit zwei Kumpels an einem Tisch ganz in unserer Nähe - wie sich später herausstellte, ebenfalls schon zwölf Stunden lang. Bis heute konnten wir nicht klären, wer zu wem an den Tisch gekommen ist. Bis heute freue ich mich riesig, dass ich ihm meine richtige Telefonnummer genannt habe. Denn eins war klar, als wir gegen 23 Uhr noch eine Bratwurst zusammen aßen und er anschließend in meine U-Bahn gehechtet kam, um mir zu sagen, dass er mich wiedersehen will: Den wollte ich nicht mehr aus den Augen verlieren! Heute feiern wir immer noch unglaublich gerne auf dem Oktoberfest - allerdings eher in Telgte im Münsterland, wo wir mittlerweile mit unseren beiden Kindern leben. (Ulrike, 37)

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