Oktoberfest-Club:Urbanauten sorgen für das Kulturprogramm im "Bussi Bussi Bavaria"

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Chilllen am Kulturstrand: Auch hier verbinden die Urbanauten Kultur und Kommerz. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Weil Kunst oft brotlos ist, muss Gastronomie sie in vielen Locations finanzieren.
  • Im After-Wiesn-Club von P1-Urvater Franz Rauch sollen Kultur und Alkohol ebenfalls zusammenspielen. Dafür werden die Urbanauten zuständig sein.
  • Die haben ihren Kulturbegriff mit den Jahren ganz schön erweitert.

Von Franz Kotteder

Das Schöne am Münchner ist: Wenn man irgendwo das Etikett "Kultur" drauf pappt, dann graust es ihm vor gar nichts mehr. Und so wimmelt es in der Stadt nur so vor lauter Kulturschaffenden, deren einziger Lebenssinn es ist, ihre Mitmenschen mit dem Guten, Wahren und Schönen zu beglücken.

Finanziell ist das oft eine schwierige Sache, und deshalb sehen sie sich bisweilen gezwungen, zur Finanzierung auch noch ein wenig Gastronomie am Rande mitspielen zu lassen. Kunst allein ist halt - leider, leider! - immer noch brotlos, aber wenn man Bier oder Wein dazu ausschenken darf, dann trägt es sich möglicherweise einigermaßen und die wackeren Künstler kommen auch noch über die Runden.

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Sehr schön lässt sich das seit Jahren bei diversen Freiluftveranstaltungen beobachten, von Tollwood bis zu den verschiedenen Kulturstränden, wo lauter Kulturinteressierte nur deshalb an der Bar Schlange stehen und sich widerwillig einen Cocktail nach dem anderen einflößen, damit die Musiker, DJs, Performancekünstler und Nachwuchskabarettisten ihr Auskommen haben.

So wie beim Open-air-Kino im Viehhof, das nur dank seines Biergartens überleben kann. Von 20 Cineasten pro Abend kann schließlich kein Betreiber existieren. Besser sieht das schon aus, wenn gleichzeitig 500 Leute im Biergarten sitzen. Natürlich macht der Wirt das alles nur aus Liebe zur Filmkunst, im Grunde sind ihm die Gäste, die nur zum Essen und Trinken kommen, vermutlich eher lästig.

Wie das bei dem Verein Urbanauten ist, weiß man inzwischen nicht mehr so genau. Früher waren das jedenfalls mal Idealisten. Sie betrachteten die Stadt nicht nur als eine Ansammlung von Häusern, Straßen und Plätzen, sondern in erster Linie als Ort, an dem Menschen leben, und diesen Menschen wollten sie den Stadtraum zurückerobern.

Nach der Wiesn zu den Schönen Künsten

Mittels einiger pfiffiger Aktionen wie dem Corso Leopold, der die Leopoldstraße für ein Wochenende zum vielfältigen Veranstaltungsort macht, oder dem Kulturstrand. Auch die Isar sollte wieder den Münchnern gehören, ein Isar-Flussbad soll's richten. Urbanauten-Vorsitzender Benjamin David schreckte in diesem Sommer für diese hohe Aufgabe nicht einmal davor zurück, das putzige Isar-Flusspferd Ben zu spielen, indem er - für die Presse - angeblich jeden Morgen zu seinem Kulturstrand auf der Museumsinsel schwamm.

Nun haben David und seine Urbanauten ein neues Betätigungsfeld gefunden. Sie werden den After-Wiesn-Club von P1-Urvater Franz Rauch mit Kultur bestücken. Denn eines ist klar: Wer nach einem Abend auf dem Oktoberfest noch immer nicht genug hat, den dürstet es nach den Schönen Künsten. Und wo soll er die finden, wenn nicht in einem Club mit dem sprechenden Namen Bussi Bussi Bavaria? Man könnte auch sagen: Wem es bei diesem Namen nicht schon graust, weil er automatisch an den Ballermann denkt, der nimmt dann auch noch etwas Kultur in Kauf.

Wo der geistige Mehrwert beim Besäufnis nach dem Besäufnis steckt, wird sich erweisen. Die Urbanauten haben jedenfalls ihren Kulturbegriff mit den Jahren ganz schön erweitert. Heute lautet er: Hauptsache Party! Vielleicht auch: Kunst ist's dann, wenn der Gastro-Umsatz stimmt. Oder waren sie in diesem schönen Sommer einfach nur zu lange in der Sonne?

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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