Oktoberfest 2013:Wiesn, woaßt scho!

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So voll kann es am ersten Wiesnsamstag im Bierzelt werden. (Foto: dpa)

Ohne Reservierung in ein volles Zelt? Ein Lebkuchenherzerl mit "Hengst in da Hosn"? Ein Flirt mit Erfolgsaussichten? Oder gar ein Abend ohne Alkohol? Was auf dem Oktoberfest geht - und was nicht. Fragen und Antworten zur Wiesn.

Von Andreas Schubert, Philipp Crone und Christina Warta

Wie komme ich auch ohne Reservierung in ein volles Zelt?

Der gut gemeinten Ratschläge, wie man sich in ein überfülltes Wiesnzelt schmuggelt, gibt es viele. Bestechung des Ordners ist solch ein oft kolportierter, aber ziemlich nutzloser Tipp. Denn eine seriöse Security von heute lässt sich mit schnödem Cash nicht mehr ködern. Allemal ein herzerfrischendes weibliches Lächeln samt passendem Ausschnitt erweicht womöglich das Herz der breitschultrigen Wiesnwächter. Auch die früher wirkungsvolle Taktik, an Seiteneingängen hineinzuhuschen, geht heute angesichts der aufgestockten Sicherheitsmannschaften kaum mehr auf.

Herr M. aus Berlin allerdings berichtet von einem Trick, den er an einem verregneten Wiesnsonntag angewandt hat: Mit weißem Arbeitskittel und einem Putzeimer ausgestattet schmuggelte er sich als vermeintliche Reinigungskraft ins Zelt. So weit so gut. Als er aber den Kittel auszog und zu seinen Bekannten an den Tisch wollte, hörte er eine grimmige Stimme sagen: "Jetzt hab ich Sie." Und M. flog aus dem Zelt. Ein Wachmann hatte ihn beim Ausziehen beobachtet. Frau W. aus München hingegen wählte eine Variante, die noch dazu ein bisschen Geld brachte: Sie trat - illegal zwar, aber erfolgreich - als Breznverkäuferin in Erscheinung. Auch das geht nur, wenn die Wachleute ein Auge zudrücken. Sonst bleibt nur: Früh kommen, ewig am Eingang anstehen - um dann, wenn man es ins Innere geschafft hat, trotzdem nirgendwo einen Tisch zu finden.

Am schönsten ist folgende Konstellation: Der bierselige Hüne schreitet im Kreise seiner Saufkumpanen direkt aus dem Zelt zum Hau-den-Lukas-Stand und hackt unter dem anfeuernden Johlen seiner Gang so erbärmlich daneben, dass der Metallring nur müde einen halben Meter nach oben hüpft, während sein Stolz ins Bodenlose fällt. Mister Universum rätselt noch, da greift ein nüchterner Normalo zum Hammer und lässt ihn punktgenau hinuntersausen. Großes Gebimmel und Applaus, an der Anzeige "Muskelprotz" oben müsste man ergänzen: "oder Techniker". Denn auf die Technik, und da sind sich sämtliche Lukas-Experten einig, kommt es an.

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Er blickt in glückliche, fassungslose, spöttische und enttäuschte Gesichter: Der 19-jährige Julian sieht das Oktoberfest aus einer ganz anderen Perspektive als die Besucher. Er arbeitet beim "Hau den Lukas" und hat für uns Bilder mit einer selbstauslösenden Kamera gemacht. Aus dem Inneren der Wiesn.

Es greift das Hebelgesetz, und nach diesem ist gar nicht so viel Power nötig. Wichtig ist: Der richtige Schlag landet ganz flach. Also: Lieber mit halber Kraft und voller Präzision vorgehen, den Hammer über dem Kopf halten und die Hände beim Schlag zusammenführen. Manche berechnen gar mit Formeln die optimale Schlaghöhe und Geschwindigkeit. Der Hüne berechnet hingegen, was ihn nun die Runde Bier kostet, die er vollmundig im Falle des Scheiterns in Aussicht gestellt hat.

Eine kleine, spontane Umfrage zeigt, dass die Mehrheit der versierten Wiesngänger auf diese Frage antwortet: "Gar nicht." Das hilft aber jenen, die Bier nicht recht mögen oder sich auch sonst beim Alkohol eher zurückhalten, leider nicht weiter. Sinnvoller ist es dagegen, den Wiesnbesuch auf die Vormittags- oder Mittagszeit zu legen und sich im Garten eines Bierzelts zum Hendl eine Radler- oder Spezimaß zu bestellen. Schwierig wird es für Abstinenzler und Fast-Abstinenzler, wenn abendlicher Gruppenzwang besteht: mit den Arbeitskollegen, den Mitstreitern aus dem Sportverein oder zu allem entschlossenen Freunden.

Da hilft nur eines: Gute Miene zum rapide steigenden Alkoholpegel der anderen machen, selbst beim Spezi bleiben und sich frühzeitig verabschieden. Der Vorteil: Die anderen können sich am nächsten Tag ohnehin nicht mehr erinnern. Vorsicht ist dennoch geboten: Denn auch mit fünf Spezimaß im Magen kann einem in der "Wilden Maus" blümerant werden.

"Vor allem nicht ins Bierzelt", rät Peter Hollinger, der in München die "erste deutsche Flirt- und Kontaktschule" leitet. "Die meisten Frauen trinken ja ohnehin lieber Wein oder Sekt, da ist man in anderen Zelten oder am Kaffeestand besser aufgehoben." Außerdem seien dem Flirt ab einem bestimmten Alkoholisierungsgrad gewisse Grenzen gesetzt. Stattdessen schlägt Hollinger vor, den Mann ins Spiegelkabinett zu bugsieren. "Da kann man gleich testen, ob er Humor hat", sagt Hollinger, "außerdem: Gemeinsam lachen verbindet und ist damit flirtig." Ähnliches gilt für den Irrgarten. Wenn eine Frau ein eher anlehnungsbedürftiger Typ sei, könne sie natürlich den Klassiker wählen: die Geisterbahn. Oder als fürsorglicher Typ die Wildwasserbahn: "Wenn das Hemd nass geworden ist, kann man verstärkte Anteilnahme zeigen und ihm ein frisches T-Shirt kaufen."

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Flirtcoach Hollinger empfiehlt Teufelsrad oder Toboggan: "Da kann man sich als Mann ein bisschen zum Affen machen und die Angebetete zum Lachen bringen." Auch über das Teenageralter hinaus sei übrigens der Autoscooter eine Möglichkeit, in Kontakt zu kommen: Die etwas gemütlichere Variante auf der Oiden Wiesn biete Männern die Möglichkeit für eine schneidige Kurve in Verbindung mit einem lässig hingeworfenen "Mogst mitfahrn?" Überhaupt rät der Experte für das Zwischenmenschliche von wilden Fahrgeschäften wie dem Freefall oder anderem ab, wenn man sich näherkommen will. "In der Krinoline geht es beschaulich zu", sagt Hollinger, "ebenso in den meisten anderen historischen Fahrgeschäften. Da kann man sehr viel besser flirten."

Ein schwieriger Fall. Denn egal ob die beschenkte Person eine Frau oder ein Mann ist, gilt: Hier kommt es stark auf Einfühlungsvermögen an. Wer dem flüchtigen Wiesnflirt ein Herz mit "Ich liebe Dich" schenkt, braucht sich nicht zu wundern, wenn Herzdame oder -bube sich kurz mal zum Nasepudern verabschiedet und nie wieder auftaucht. Der Spruch geht nur, wenn er auch wirklich stimmt.

Auch zotige Sprüche à la "Holz vor da Hüttn", "Hengst in da Hosn" oder ähnliches sind - wenn's überhaupt sein muss - nur etwas für tief Vertraute. Derartige Peinlichkeiten lassen auf ein sehr gefestigtes Beziehungsstadium schließen, in dem es einem egal ist, was andere denken. "Für Mutti" oder "Papi ist der Beste" darf man sich aber wirklich, wirklich nur von seinen Kindern schenken lassen. Käme es vom Partner, könnte auf dem Herz genauso gut stehen: "Oide(r), lass ma mei Ruah".

© SZ vom 21.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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