Obersendling:Die urbane Stadt geht auf Kosten der Parkplätze

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Vorfahrt für Radler - das gilt in immer mehr Straßen in München. (Foto: Lennart Preiss/dpa)

Beispiel Boschetsrieder Straße in Obersendling: Fußgänger und Radfahrer sollen mehr Platz bekommen, dafür 160 Stellflächen wegfallen. Das begrüßen im Viertel längst nicht alle.

Von Jürgen Wolfram

Die Stadt soll fußgänger- und fahrradfreundlicher werden. Ein Ziel, das alle Parteien mit Verve unterstützen, grundsätzlich. Geht es aber an die konkrete Umgestaltung von Verkehrsflächen, an die Verbreiterung von Rad- und Gehwegen zulasten von Autoparkplätzen, folgt der allgemeinen Verkehrswende-Begeisterung nicht selten ein Aufschrei des Protestes.

Jüngstes Beispiel ist eine Auseinandersetzung im Bezirksausschuss (BA) Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln um die künftige Aufteilung der Boschetsrieder Straße, einer wichtigen Verkehrsader in Obersendling. Auf dem Abschnitt zwischen Aidenbachstraße und Plinganser-/Wolfratshauser Straße sollen 160 Kfz-Stellplätze (von 269) wegfallen, um Radfahrenden und Fußgängern mehr Raum zu geben. Ein Unding, finden CSU, FDP, Freie Wähler und AfD. Doch Grüne und SPD im BA setzten genau diese Variante einer Stellungnahme an die Stadtverwaltung mehrheitlich durch.

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Claudia Küng, Fraktionssprecherin der CSU im Bezirksausschuss, und andere Redner führten Gründe im Dutzend an, die einer großzügigen "Umprofilierung" der Boschetsrieder Straße entgegenstünden. Ältere Menschen und Kranke müssten bei Arztpraxen und Läden vorfahren dürfen, Handwerker an ihren Arbeitsstellen. Die Zahl der Autos nehme in München unaufhörlich zu, und irgendwo müssten die schließlich abgestellt werden, ohne in kleinen Nebenstraßen den Parksuchverkehr anzuheizen. In der Boschetsrieder Straße sei wegen des Dieselfahrverbots zudem mit einer Verkehrszunahme um 25 Prozent zu rechnen. Reinhold Wirthl (CSU) erinnerte überdies daran, dass in dem betreffenden Gebiet viele ältere Gebäude ohne Tiefgaragen stünden: "Wo sollen die Bewohner mit ihren Autos denn hin?"

Vor allem Rednerinnen der Grünen-Fraktion wiesen Forderungen nach Abstrichen am Umgestaltungskonzept, nach "Modifizierung" der Vorlage der Stadtverwaltung auf Grundlage des Radentscheids München entschieden zurück. Inga Meincke (Grüne) nannte eine Reihe von Verbesserungen, mit denen die Anwohner in Obersendling bei Umsetzung der Straßenumgestaltung rechnen könnten. Über die Verkehrsberuhigung und Wohnwertsteigerung hinaus bekämen sie barrierefreie Bushaltestellen, mehr Schulwegsicherheit und eine "positive Baumbilanz". Worum es im übergeordneten Sinne gehe, brachte Grünen-Fraktionssprecherin Henriette Holtz auf den Punkt: "Die Zeit der autogerechten Städte ist vorbei." Mit weniger Kfz-Stellplätzen werde München "lebenswerter". Entgeisterter Kommentar Reinhold Wirthls (CSU): "Das ist doch völlig lebensfremd."

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