Nymphenburg/Neuhausen:Bürohaus wird Flexi-Heim

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Nicht schön, aber schön teuer für die Stadt: der ehemalige Büroturm an der Wotanstraße 88. (Foto: Robert Haas)

Das seit bald zwei Jahren leerstehende Gebäude am Romanplatz soll endlich genutzt werden. Denn die Stadt zahlt dafür jeden Monat 100 000 Euro Miete. Jetzt könnten dort Flüchtlingsfamilien unterkommen

Von Sonja Niesmann, Nymphenburg/Neuhausen

Ein ehemaliges Bürohochhaus an der Wotanstraße 88 soll zu einem sogenannten Flexi-Heim für anerkannte Flüchtlingsfamilien und wohnungslose Menschen umgebaut werden - Menschen, die auf dem Münchner Mietmarkt nahezu chancenlos sind. Geschätzte Kosten: etwa zehn Millionen Euro. Geplant sind auf acht Stockwerken 49 Apartments verschiedener Größe, für Zwei- bis AchtPersonen-Haushalte, mit insgesamt 224 bis 266 Bettplätzen. Dazu kommen Gemeinschaftsräume, ein Anwohnercafé, sowie Verwaltungsräume und Büros für die notwendige, intensive sozialpädagogische Betreuung. 2019 soll das neue Wohnheim bezugsfertig sein.

Die Stadt ist verpflichtet zur Unterbringung von Obdachlosen oder Menschen, die obdachlos zu werden drohen, sie hat aber kaum freie Kapazitäten. Diese Unterkunft werde "dringend benötigt, um den steigenden Bedarf im städtischen Sofortunterbringungssystem zu decken", teilt das Sozialreferat dem Sozialausschuss mit, der am heutigen Donnerstag über den Umbau entscheiden soll.

Im November 2015, in jenem Jahr also, als die Zahl der ankommenden Flüchtlinge anschwoll, hat die Stadt das Gebäude nahe dem Romanplatz angemietet. Es sollte, schon ab dem ersten Halbjahr 2016, als Gemeinschaftsunterkunft für 300 bis 400 Flüchtlinge dienen. Der Vertrag läuft bis 2030, danach will der Vermieter das Haus beziehungsweise einen Neubau wieder als Bürogebäude vermieten. Wegen Problemen mit dem Brandschutz stellte sich bald heraus, dass es mit einer schnellen Nutzung nichts wird, nicht einmal mit einer Notbelegung nur im Erdgeschoss und im ersten Stock. Als die Grenzen in Europa zunehmend dichtgemacht wurden und die Zahl der Flüchtlinge stark zurückging, war der Bedarf für eine Gemeinschaftsunterkunft an der Wotanstraße nicht mehr gegeben, wie an anderen geplanten Standorten in der Stadt auch. Der Umbau zu einem Flexi-Heim sei, heißt es in den Unterlagen für die Sitzung des Sozialausschusses, "die einzige Möglichkeit, das Objekt für die Stadt überhaupt noch nutzbar zu machen".

Im Bezirksausschuss (BA) Neuhausen-Nymphenburg, der bei der Sache überhaupt nichts mitzureden hat, löste das Vorhaben dennoch am Dienstagabend einen kurzen, erregten Wortwechsel aus. Abgesehen davon, dass das Gebäude - "bei 100 000 Euro Monatsmiete" - seit November 2015 leer stehe, sei die Stadt nun dabei, einen großen Fehler zu machen, erklärte Leo Agerer (CSU). Wenn man alle Kosten, vor allem für den Umbau, durchrechne, werde der Quadratmeter-Preis in dem Flexi-Heim bei 41 Euro liegen, ziehe man die nicht als Wohnraum genutzte Flächen ab, sogar bei 80 Euro pro Quadratmeter. "Da werden zehn Millionen rausgeblasen für eine nur elfjährige Nutzung", ergänzte Asko Hochdorn (CSU), der diese Berechnungen angestellt hatte: "Warum investiert man das Geld nicht auf einem Grundstück oder in ein Gebäude, das der Stadt gehört?"

Bei den anderen Fraktionen löste das empörtes Zischeln aus, da aber die Unterlage erst am Tag der BA-Sitzung vorlag, hatte kaum jemand sie durchgelesen, geschweige denn etwas durchgerechnet. Peter Loibl (Arbeitsgemeinschaft für Neuhausen) fand es jedenfalls "erschreckend", in solch einer Angelegenheit "nur betriebswirtschaftlich" zu argumentieren. Hochdorn wiederum verwahrte sich gegen Unterstellungen, er habe etwas dagegen einzuwenden, dass Flüchtlingsfamilien oder Wohnungslose dort in Nymphenburg untergebracht werden sollen.

© SZ vom 21.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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