Neuperlach:Wohnungen statt Waggons

Lesezeit: 3 min

An der Arnold-Sommerfeld-Straße in Neuperlach wird derzeit eine Leichtbauhalle zur Unterbringung von Flüchtlingen errichtet. (Foto: Florian Peljak)

Bezirksausschuss fordert einstimmig, dass die Stadt auf den Bau eines U-Bahnbetriebshofs an der Arnold-Sommerfeld-Straße verzichtet und den Standort für ein neues Wohnquartier reserviert

Von Hubert Grundner, Neuperlach

"Das ist eines der Megathemen, das uns dieses Jahr beschäftigen wird." Vermutlich hat Thomas Kauer (CSU) mit diesem Satz nicht übertrieben: Seitdem Pläne bekannt wurden, an der Arnold-Sommerfeld-Straße einen zweiten U-Bahnbetriebshof zu errichten, verfolgen Anwohner und Lokalpolitiker angespannt die weitere Entwicklung. Und sie beziehen Stellung zu dem Projekt: Am Donnerstagabend präsentierte Kauer, der Vorsitzende des Bezirksausschusses (BA) Ramersdorf-Perlach, in der Sitzung des Gremiums einen von allen Fraktionen unterstützten Antrag. Darin wird der Stadtrat aufgefordert, vor einer solchen Entscheidung gründlich zu prüfen, ob in dem Gebiet nicht Wohnungen gebaut werden könnten. "Etwaige Konkretisierungsvorhaben für die Planung eines U-Bahnbetriebshofs an diesem Standort sind bis zur Vorlage dieser Potenzialanalyse von der Beschlussfassung auszusetzen", heißt es dann weiter.

Diese etwas sperrige Formulierung könnte man vielleicht als Aufforderung in Richtung Rathaus übersetzen, über den Tellerrand zu schauen und keine voreilige Entscheidung zu treffen, die dann andere Nutzungen ausschließt. Ähnlich hatten die BA-Mitglieder vor der Abstimmung argumentiert. So begrüßte Josef Kress-del Bondio im Namen der SPD zwar grundsätzlich den Antrag. Er gab aber zu bedenken, dass man in der Stadt nicht nur Wohnungen, sondern auch die zugehörige Infrastruktur brauche. Auf sein Betreiben hin wurde der Antrag deshalb so abgeändert, dass die Stadt an der Arnold-Sommerfeld-Straße ("an diesem Standort") keine konkreten Schritte unternehmen soll - was die Möglichkeit offen lässt, an anderer Stelle nach einem geeigneten Standort für den U-Bahnbetriebshof zu suchen.

Genau dafür sprach sich Guido Bucholtz (Grüne) aus. Auch er betonte, grundsätzlich nichts gegen eine solche Einrichtung zu haben, falls sie denn entsprechend lärmgedämmt sei - und zuvor stadtweit alle alternativen Standorte geprüft wurden. Simon Soukup (CSU) warnte hingegen die Verantwortlichen bei der Stadt: Es mache keinen Sinn, die Planungen des U-Bahnbetriebshofs so voranzutreiben, als handle es sich dabei um einen "Solitär" - also ein Projekt ohne Bezug zur möglichen künftigen Bebauung in der Nachbarschaft. Bis man wisse, was im weiteren Verlauf der Arnold-Sommerfeld-Straße entstehen soll, müsse man deshalb die Planung für den Betriebshof zurückstellen.

Mit solchen Überlegungen ist auch der interfraktionelle BA-Antrag unterfüttert worden. Ergänzend heißt es, dass bislang vermutlich keine Überlegungen angestellt wurden, auf den Flächen, die überwiegend im Eigentum der Stadt sind, Wohnungen zu bauen. "Jedenfalls wurden offiziellen Verlautbarungen zufolge bisher nur Nutzungen als Busdepot, U-Bahnbetriebshof oder Wertstoffhof überlegt." Die im weiteren Umfeld geplanten oder beabsichtigten Nutzungen wiesen aber allesamt in Richtung einer Wohnbebauung.

Als Beispiele werden im Antrag die Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge an der Arnold-Sommerfeld-Straße, Teile des Siemens-Areals am Otto-Hahn-Ring sowie der zweite Bauabschnitt auf dem sogenannten Moll-Gelände angeführt. Die BA-Mitglieder sehen aber noch weitere gute Gründe für ihren Antrag sprechen. So böte sich ungeachtet dieser Umfeldplanungen das Gelände an der Arnold-Sommerfeld-Straße auch aufgrund seiner verkehrsgünstigen Lage - Nähe zur U-Bahn - sowie seiner attraktiven Situierung am Rande des Landschaftsparks "Im Gefilde" als Wohnquartier an. Da die Stadt dort Eigentümerin großer Flächen ist, könnte man leichter geförderten oder genossenschaftlichen Wohnungsbau realisieren. Schließlich weisen die Lokalpolitiker noch auf die im Gefilde bereits eingeplante E-Fläche hin - das "E" steht hier in Behördensprache für "Erziehung": Falls die Wohnbebauung auch eine Schule erforderlich mache, könnte man sie hier bauen.

Abgesehen vom U-Bahnbetriebshof steht den Betroffenen im Stadtbezirk am gleichen Ort möglicherweise noch ein zweites "Megathema" ins Haus. Es gibt offenbar Überlegungen, an der Arnold-Sommerfeld-Straße auch einen Großmengenwertstoffhof anzusiedeln. Darüber hätte ebenfalls am Donnerstag im BA diskutiert werden sollen. Allerdings wurde das Thema von der Tagesordnung abgesetzt. Zur Begründung hieß es, über die Beschlussvorlage des Kommunalreferats bestehe noch Klärungsbedarf zwischen dem Abfallwirtschaftsbetrieb und dem Direktorium.

Egal, was am Ende dabei herauskommt: Der BA 16 hat schon jetzt seine Ablehnung signalisiert. Möglicherweise geht dieser Kelch ja an den Neuperlachern vorüber. Immerhin hatte das Kommunalreferat in der kurzfristig zurückgezogenen Beschlussvorlage geschrieben: "Die Planungen für den Standort Arnold-Sommerfeld-Straße sind eingestellt." Die Anwohner dürften gespannt sein, ob es bei dieser Aussage bleibt oder ein erneuter Sinneswandel eintritt.

© SZ vom 18.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: