Neuperlach:Kunstvolles Finale

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Bevor bald die Abrissbagger beim Quiddezentrum in Neuperlach anrücken, geht es dort noch einmal ziemlich bunt zu: 40 Mitwirkende haben Skulpturen geschaffen, die nun bis zum bitteren Ende im Becken des Kaskadenbrunnens ausgestellt werden

Von Milena Fritzsche, Neuperlach

Eine Gartenparty stellt man sich anders vor, sommerlicher. Doch Ingrid Müller und ihren Mitstreitern macht der kalte Nieselregen an diesem grauen Dienstag im November nichts aus. Fleißig schleppen sie Kisten, begutachten Kunstwerke. Es sind die Vorbereitungen, damit am Samstag, 11. November, um 17 Uhr der Skulpturen-Park hinter dem Kunsttreff im Quiddezentrum eröffnet werden kann.

Inmitten der Wohnblöcke ist der kleine Garten eine echte Oase. Zwischen Efeu und Bambus kann man hier Ruhe und Erholung finden. "Immer wieder habe ich mir gedacht, dieser Garten ist so zauberhaft, wir müssten hier mal etwas machen", sagt Ingrid Müller, die seit mehreren Jahren Ausstellungen im Kunsttreff organisiert und im Gebäude auch ihr Atelier hat. Die Zeit drängt: Das Quiddezentrum an der Quiddestraße 45 soll abgerissen werden, dann wird auch der Garten verschwinden. Ein genauer Zeitpunkt ist allerdings noch nicht bekannt. "Wir machen hier einfach weiter, bis die Bagger vor der Tür stehen", sagt Müller lachend.

Eher spontan entstand im Frühjahr dieses Jahres die Idee zur Kunstaktion. Figuren sollten das Grün beleben. Nachdem der Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach die finanzielle Unterstützung zugesichert hatte, fanden sich im August mehr als 40 Menschen zusammen, die Skulpturen zum Thema "Flora und Fauna" anfertigen wollten. Unter ihnen viele Bewohner des Viertels sowie Künstler aus der Vereinigung "Kunstrefugium", aber auch Kinder des Kindertreffpunkts Neuperlach im Oskar-Maria-Graf-Zentrum. Künstlerische Vorgaben gab es nicht. Einzige Bedingung: Die Plastiken sollten wetterfest sein.

Die Bildhauerin Manuela Clarin stand allen Beteiligten mit Rat und Tat zur Seite. Gemeinsam wurden Materialien ausprobiert, etwa Holz und Lehm, Ziegel und Mörtel oder lackierte Pappe. Für eine der Figuren wurde zum Beispiel ein altes Fahrrad recycelt. Eine andere schaut den Betrachter mit großen, dunklen Augen aus Avocadokernen an.

Die meisten Skulpturen wurden direkt im Kunsttreff gefertigt. Eine Teilnehmerin aus Neuperlach, die derzeit in ihrem Heimatland Argentinien weilt, konnte nicht vor Ort sein. Mitmachen wollte sie aber trotzdem beim Kunstprojekt, und sendete einen aus Draht gebogenen Vogel kurzerhand per Post. "Das Packet musste ich beim Zoll abholen", erinnert sich Ingrid Müller.

Inzwischen haben alle fertigen Gebilde das Quiddezentrum in Neuperlach erreicht. Zwei verwaiste Kaskadenbrunnen im Garten, in denen schon seit einigen Jahren kein Wasser mehr fließt, dienen künftig als Kulisse. In die insgesamt 56 Becken des Brunnens werden die entstandenen Kunstwerke entweder einbetoniert oder angeschraubt.

Die Generalprobe fand bereits am Dienstag statt: Die erste Skulptur wurde aufgestellt. Allein dafür waren dreieinhalb Säcke Beton, die je 25 Kilogramm wiegen, nötig. Die übrigen Stücke werden erst am Samstag in die Brunnen eingelassen. "Wir haben Angst vor Vandalismus", begründet Müller das Vorgehen. Um 17 Uhr muss alles fertig sein. Dann kommen die Besucher zur offiziellen Eröffnung. Die Kunstwerke werden mit Strahlern hell erleuchtet, außerdem ist ein Saxofon-Konzert geplant, passend zum kalten Wetter gibt es Tee und Glühwein. "Jeder, der Lust hat, mit uns zu feiern und anzustoßen, ist herzlich eingeladen", sagt Ingrid Müller. Vom Wetter wollen sich die Organisatoren keinen Strich durch die Rechnung machen lassen. Nur bei starkem Regen müsse die Aktion verschoben werden, weil der Beton dann nicht trocknen kann.

Das Material zur Befestigung kann theoretisch lange halten. Die Kunstausstellung wird allerdings nur temporär zu sehen sein, sie werden - ebenso wie der Brunnen und der Garten - in absehbarer Zeit einem Neubau weichen. Ingrid Müller ist dankbar, dass der Kunsttreff in dieser Übergangszeit im Quiddezentrum unter- kommt: "Hier kann man Ideen haben und sich einfach ausleben. Man kann sich eine eigene Welt erschaffen. Wo geht denn so was sonst?"

© SZ vom 10.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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