Neuperlach:Das letzte Kapitel einer unendlichen Geschichte

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Die spektakuläre Architektur des geplanten Kultur- und Bürgerhauses am Hanns-Seidel-Platz steht auf der Kippe

Von H. Effern, T. Kronewiter, Neuperlach

Wenn die Neuperlacher an die Planung ihres Hanns-Seidel-Platzes denken, werden ihnen eher ein paar Kraftausdrücke einfallen als gepflegte Literatur. Und das wird nach der Sitzung des Kommunalausschusses vorerst so bleiben. Einen privaten Investor für das Herzstück des Platzes, ein Bürger- und Kulturzentrum, hat die Stadt nicht gefunden. Nun will sie doch wieder selbst bauen, weiß aber noch nicht so genau wie. Und auch noch nicht genau, wer dort nun einziehen soll. "Die letzten fünf Jahre können wir in die Tonne treten", sagte Grünen-Stadtrat Herbert Danner. Oder wie es SPD-Fraktionschef Alexander Reissl literarisch ausdrückte: "Jeder hat recht, der moniert, dass wir nicht allzu weit weg sind von der unendlichen Geschichte."

Kommunalreferentin Kristina Frank mag zwar den Roman von Michael Ende sehr, wie sie versicherte, doch am Hanns-Seidel-Platz will sie nun mit einem neuen Anlauf das letzte Kapitel beginnen. Allerdings auf der Basis einer deutlich abgespeckten Version, wie sie einräumt. "Aus dem Elfenbeinturm wird ein Büroturm." Die geplanten Wohnungen im öffentlichen Herzstück des Platzes werden gestrichen, es werden neben der öffentlichen Nutzung nur Büros kommen. Das architektonisch spektakuläre Flugdach als geplantes Markenzeichen steht auf der Kippe. Es soll eine Machbarkeitsstudie geben, doch den Aussagen Reissls und Franks ist zu entnehmen, dass das Rathausbündnis aus SPD und CSU dazu tendiert, sich diese Kosten zu sparen. Die Gewofag als künftiger Nachbar will zügig Wohnungen bauen, weshalb das vorgesehene Flugdach nicht mehr auf dem Gewofag-Gebäude aufliegen kann, sondern freitragend bis zur Grundstücksgrenze ausgeführt werden müsste. Das würde besondere statische und konstruktive Anforderungen ans Projekt stellen.

Die Grünen kritisierten das scharf. Zuerst stoße die CSU eine Diskussion über die langweilige Architektur in der Stadt an, nun werde ein wirklich gelungener Entwurf "kastriert". Dabei sei das spektakuläre Ergebnis des Architektenwettbewerbs im Jahr 2013 von allen Seiten gefeiert worden. Allerdings fielen die Pläne so spektakulär aus, dass sie die Stadt nicht umsetzen konnte. Ein privater Investor auch nicht, jedenfalls nicht im Kostenrahmen.

Die Neuperlacher werden also zur Kenntnis nehmen müssen, dass nicht nur die Architektur, sondern vor allem auch der Zeitplan wieder einmal leiden könnte. Seit 50 Jahren soll der Hanns-Seidel-Platz das Zentrum ihres Viertels werden. Nun sei man wieder einmal "einen kleinen Schritt" vorangekommen, sagte CSU-Stadtrat Hans Podiuk. Doch tatsächlich muss man nun erst mal alle die Schritte aufholen, die man zurückgehüpft ist.

Mit dem Beschluss im Kommunalausschuss wird das Baureferat den Wettbewerbsentwurf von Ende 2013 überarbeiten. Zunächst muss die Stadt aber ermitteln, wer in das neue Gebäude überhaupt einziehen will. Das bisher an der Quiddestraße 17 untergebrachte Festspielhaus mit seinem Saal und den Proberäumen hat kein Interesse mehr. Es soll dauerhaft im ehemaligen Gewofag-Betriebsgebäude an der Rosenheimer Straße 192 bleiben. Eine neue Nutzer-Bedarfsanalyse unter Beteiligung mehrerer Referate steht nun an, die soll aber sehr knapp ausfallen und "nicht bei Adam und Eva beginnen", sagte SPD-Fraktionschef Reissl. Der Stadtrat setzte der Verwaltung eine Frist bis Ende 2019.

Bereits absehbar ist, dass für das geplante Sozialbürgerhaus Ramersdorf-Perlach zusätzliche Büroarbeitsplätze untergebracht werden sollen. Die kommen auf den bisher für Wohnungen reservierten Flächen im Turm unter. Prüfen will die Stadt zudem konkret die Einrichtung eines Bürgerbüros, eines Nachbarschaftstreffs sowie eines Familien- und Beratungszentrums. Dem Wunsch der Neuperlacher nach einem Kino erteilte der Stadtrat eine Absage. Der Markt dafür sei schwierig, die Gefahr, dass es sich dort nicht trage, zu hoch.

© SZ vom 01.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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