Neuhausen/Nymphenburg:Moderne trifft Bewahrer

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Die Neubaupläne für das Naturkundemuseum am nördlichen Flügel von Schloss Nymphenburg stoßen nach wie vor auf erbitterten Widerstand. Im Bezirksausschuss ist von einer "architektonischen Frechheit" die Rede

Von Sonja Niesmann, Neuhausen/Nymphenburg

Asko Hochdorn (CSU) scheut sich nicht vor Polemik. Einen "Luftschutzbunker", eine "architektonische Frechheit" nannte der Denkmalschutzbeauftragte im Bezirksausschuss (BA) Neuhausen-Nymphenburg ruppig den Siegerentwurf des Berliner Architekturbüros Staab für den Neubau eines modernen Naturkundemuseums am Rand des nördlichen Flügels von Schloss Nymphenburg. Hochdorn, von Beruf Kaufmann in der Technikbranche, hat deshalb eine Stellungnahme für den Bezirksausschuss entworfen. In dieser wird gefordert, der Neubau müsse gewissermaßen das gespiegelte Pendant zur Schlossschwaige sein, bis hin zum weißen Kalkputz, ockergelben Gliederungselementen in der Fassade, den Gauben und Biberschwänzen auf dem Dach. Das trägt die Handschrift von Elke Wendrich und Neven Denhauser, die an dieser Vorlage für den BA mitgewirkt haben. Sie sind im Verein Denkmalnetz Bayern aktiv und die Wortführer der Kritik an der vom Architekten vorgesehenen fensterlosen Fassade mit der großzügigen, von den Gegnern als "Fischmaul" geschmähten Toröffnung zum Innenhof. Ihrer Ansicht nach wird das historische Schloss-Ensemble durch dieses Gebäude beschädigt.

Anna Hanusch (Grüne), BA-Vorsitzende und Architektin mit Zusatzqualifikation in Denkmalpflege, ging das entschieden zu weit. "Man sollte dem Architekten doch erst mal etwas Spielraum lassen, ehe man ihm so etwas Striktes hinlegt", erklärte sie. Schließlich werde die Fassadengestaltung, wie von der Jury des Wettbewerbs gefordert, derzeit überarbeitet. Auch sollte man den Museumsleuten zuvor Gelegenheit geben, ihre Sicht darzulegen. Dieses vom BA gewünschte Gespräch wird am 18. Mai stattfinden, mit Vertretern des Aufbaustabs für das künftig "Biotopia" genannte Museum, Vertretern des Staatlichen Bauamtes und des Landesamtes für Denkmalpflege, BA-Mitgliedern sowie Kritikern des Neubau-Entwurfs.

Den Ton treffen: Daran, wie ein Neubau aussehen muss, um sich ins Nymphenburger Schlossensemble einzufügen, scheiden sich die Geister. (Foto: Florian Peljak)

Hochdorn räumte ein, dass seine Vorlage "sehr eng gefasst" sei. Aber das sei die Reaktion auf einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, in der Bayerns Generalkonservator Mathias Pfeil und Architekt Volker Staab Stellung zu der immer lauter werdenden und Kreise ziehenden Kritik bezogen haben. "Das klang für mich wie: Wir machen, was wir wollen, an der Planung wird nicht gerüttelt", zürnte Hochdorn, "und das ist inakzeptabel". Pfeil hatte allerdings auch betont, die historische Schlossanlage müsse die Oberhand gegenüber gestalterischen Experimenten behalten. Und Staab hatte versichert, er wolle "keinen Bruch mit dem Schlossensemble", sondern mit einem eigenständigen, innovativen Neubau "den Ton treffen, der durch die Schlossanlage vorgeben wird".

Nikolai Lipkowitsch (Grüne) mahnte auch zu Zurückhaltung: "Wir sollten es den Architekten überlassen, welche Varianten möglich sind, anstatt sie aufs Blut zu provozieren." Und SPD-Fraktionssprecher Otmar Petz argumentierte, wie zuvor schon Anna Hanusch, eine "Schwaige"-Kopie entspreche überhaupt nicht der modernen Auffassung von Denkmalpflege: "Maßgeblich ist, dass sich das Gebäude in den Bestand einfügt."

Peter Loibl von der Arbeitsgemeinschaft für Neuhausen (AGS) versuchte um der Geschlossenheit willen - "Wir als BA sollten uns mit Leidenschaft für das Schloss einsetzen" - zu retten, was zu retten war. Er formulierte einen Kompromissvorschlag, in dem betont wird, der Bezirksausschuss unterstütze das Biotopia-Projekt. Er lehnt aber den Siegerentwurf in der bislang bekannten Form "in seiner Außenwirkung" - gemeint sind Fassade und Torbogen - ab und wünscht sich einen Entwurf, der sich in Maßstäblichkeit und Materialien in die historische Umgebung einfügt und in den Proportionen und Farben an ihr orientiert. Dieser Stellungnahme, die an einen breiten Adressatenkreis, vom Staatlichen Bauamt über das Architekturbüro bis zum Förderkreis für das neue Museum geht, konnten sich alle anschließen.

Mit dem Erweiterungsbau an der Maria-Ward-Straße, der das Museum Mensch und Natur auf dreifache Größe wachsen lässt und ihm ein völlig neues Ausstellungskonzept ermöglicht, beschäftigt sich inzwischen auch der Arbeitskreis Kulturbauten des Münchner Forums. Im Sommer soll dem Neubau ein Standpunkteheft gewidmet werden.

© SZ vom 28.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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