Sabine Nallinger, die einstige OB-Kandidatin der Grünen, wird Vorstand der bundesweit tätigen Umweltstiftung "Zwei Grad". Bereits an diesem Montag bezieht die 50-Jährige ihr neues Büro in Berlin. Ihr Lebensmittelpunkt soll aber München bleiben, wo sie auch weiterhin im Stadtrat sitzt. "Da kann man was ins Rollen bringen", freut sich die gebürtige Stuttgarterin über ihre neue Aufgabe. "Ich wollte immer an einem großen Hebel sitzen." Ihrem Stadtratsmandat fühlt sie sich weiterhin verpflichtet. "Ich hau nicht ab", betont sie. Kommunalpolitik mache ihr noch immer wahnsinnig Spaß.
Um Nallinger war es ruhig geworden, seit die Koalitionsgespräche mit SPD und CSU gescheitert und die Grünen in die Opposition gegangen sind. Für die eigentlich naheliegende Position als Fraktionsvorsitzende kandidierte die damals sichtlich angeschlagene Politikerin gar nicht erst - was bei den Grünen für Unruhe sorgte. So dürfe eine Partei nicht mit ihrer OB-Kandidatin umgehen, hieß es damals. Der Verdacht kursierte, Nallinger sei von der eigenen Fraktion kaltgestellt worden.
Kein Bruch mit der Partei
Die Politikerin selbst streitet einen Bruch mit ihrer Partei ab. Sie habe nach den monatelangen Strapazen keinen weiteren "Mini-Wahlkampf" um den Vorsitz führen wollen, erklärt sie. Ohnehin ist es ungewiss, ob sie einen solchen Kampf tatsächlich gewonnen hätte. Denn viele Grüne beäugen das allzu engagierte Streben nach Führungsposten traditionell mit Misstrauen. Vielen war schon während des Wahlkampfs die stark auf Nallinger zugeschnittene Kampagne suspekt.
Zukunft von Sabine Nallinger:"Ich habe keinen Plan B"
Sabine Nallinger wollte Oberbürgermeisterin werden, nun steht sie ohne Amt da. Auch den Fraktionsvorsitz überlassen ihr die Grünen nicht. Nun will sich die 50-Jährige wieder auf etwas konzentrieren, für das sie lange keine Zeit hatte.
Die vergangenen Monate hat Nallinger genutzt, um über die eigene Zukunft nachzudenken. Es gebe keinen Plan B, betonte sie immer wieder - die Planungsexpertin hatte offenbar fest damit gerechnet, nach der Kommunalwahl zumindest ein Bürgermeisteramt zu bekommen. Was bekanntlich trotz des eigentlich guten Wahlergebnisses für die Grünen wie auch für Nallinger selbst scheiterte.
Schon kurz nach den gescheiterten Koalitionsgesprächen, so berichtet die Stadträtin, seien dann die ersten Job-Angebote aus Politik und Wirtschaft eingegangen. Darunter war auch die Anfrage von Bahn-Chef Rüdiger Grube und Versandhändler Michael Otto, die das Kuratorium der Klimaschutz-Stiftung "Zwei Grad" leiten. Ziel der Organisation, in der unter anderem die Vorstandschefs von Bosch und Siemens Hausgeräte, Deutsche Telekom, Puma und Schwäbisch Hall Mitglied sind, ist es, die globale Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Ein echt grünes Projekt, findet Nallinger, die ihren bisherigen Job als Verkehrsplanerin bei den Stadtwerken bereits gekündigt hat.
Stiftung will Einfluss auf die Politik ausüben
Reizvoll an der neuen Position findet die Politikerin vor allem das Zusammentreffen mit Leuten, die nicht unbedingt dem klassischen Umfeld der Grünen zugeordnet werden. Ohne diese Kreise, davon ist Nallinger überzeugt, ist in der Umweltpolitik nichts zu bewirken. "Die kleine nette Grünen-Nische reicht nicht aus", betont sie. "Wir müssen eine größere Nummer spielen." Künftig wird Nallinger viel Kontakt mit den Vorstandschefs deutscher Unternehmen haben. Und natürlich mit der Bundesregierung.
Koalition im Rathaus:Am Geschacher gescheitert
Schwarz-Rot-Grün ist geplatzt, die Koalitionsverhandlungen im Münchner Stadtrat ohne Ergebnis. Jetzt wäre eine Kooperation von CSU und SPD möglich. Die aber würde den Bruch der bestehenden rot-grünen Koaliton bedeuten. Beide Parteien zeigen sich verstimmt über die Verhandlungstaktik des anderen.
Denn die Stiftung will Einfluss auf die Politik ausüben, damit der Klimaschutz entschiedener angegangen wird. Nallinger sieht sich dabei als Lobbyistin und Impulsgeberin. Viele Firmen erwarteten Vorschläge für den eigenen Beitrag zum Klimaschutz. In den Augen von Kuratoriumschef Otto ist Nallinger eine "erfahrene Grenzgängerin zwischen Wirtschaft, Politik und Verwaltung". Sie habe als OB-Kandidatin gezeigt, dass sie Menschen für Ideen begeistern kann.
Bei den Münchner Grünen rutscht die einstige Spitzenfrau damit endgültig ins Glied zurück, sie will künftig als einfache Stadträtin Politik machen.