Nach S-Bahn-Unfall bei München:Erst das Chaos, dann das Bußgeld

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Weil Passagiere nach dem Unfall einer S-Bahn in Olching bei München auf einen Bus auswichen, wurden sie prompt als Schwarzfahrer belangt. Die Strecke liegt nämlich in einer anderen Tarifzone.

Von Florian Fuchs und Christian Krügel, München

Es war Tag eins nach dem großen Bahnchaos vom Mittwoch, für einige Passagiere aus Olching, Esting und Gröbenzell ging der Ärger am Donnerstag aber weiter. Erstens konnten sie ihre S-Bahn-Linie S 3 nicht nutzen, um in die Innenstadt zu kommen. Sie ist wegen des Unfalls eines Zugs mit einem Bagger am Mittwochmorgen noch bis Mitte nächster Woche teilweise gesperrt. Viel schlimmer aber war für manche Fahrgäste, dass sie wegen der Bahnprobleme extra in Olching in den Bus der Linie 834 nach Eichenau gestiegen waren, um dort die S 4 zu nutzen - wo sie nach eigener Aussage plötzlich Kontrolleuren gegenüber standen.

Während man mit der Bahn von Olching und Eichenau in die Innenstadt nur ein Monatsticket für sechs Ringe braucht, fährt der Verbindungsbus zwischen den beiden Orten im siebten Ring. Die Passagiere bekamen also auch noch ein Bußgeld wegen Schwarzfahrens aufgebrummt - obwohl sie den Umweg ja wahrlich nicht freiwillig gemacht hatten.

Beim Münchner Verkehrsverbund (MVV) kann man die Aufregung nicht nachvollziehen. Die Kontrolleure seien befragt worden, ihrer Aussage nach sei kein einziges Bußgeld erteilt worden, weil jemand den Verbindungsbus genutzt habe, um dem Chaos auf der S 3 zu entkommen. Das liest sich auf den sogenannten Zahlungsaufforderungen der schimpfenden Passagiere allerdings anders. Auf einem der Zettel steht wörtlich: "Fahrgast hat Ring verlassen". Ob es nun solche Bußgeldbescheide gibt oder nicht, ist aber unerheblich: Die Kontrolleure, sagt eine MVV-Sprecherin, hätten generell jedes Recht, die Passagiere in solchen Situationen wegen Schwarzfahrens zu verdonnern. Von Kulanz keine Rede.

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Aber haben die Verkehrsunternehmen nicht selbst Schuld, dass die Passagiere auf den Bus und die Linie S 4 ausweichen mussten? Dies könne kein Argument sein, heißt es beim MVV, da die Bahn auf der Linie S 3 ja einen Schienenersatzverkehr bereitgestellt habe; die Fahrgäste seien angehalten, diese Busse zwischen Maisach und Lochhausen zu benutzen. Wer sich selbst eine neue Verbindung sucht - in dem Fall also den Bus 834 - der müsse eine zusätzliche Fahrkarte kaufen, falls die Verbindung durch einen anderen Ring führt.

Dass die Verkehrsbetriebe überhaupt an diesem Donnerstag genau in den Bussen kontrollierten, die die Passagiere nutzten, um der S 3-Sperrung zu entgehen, das sei "ein blöder Zufall", sagte die Sprecherin. Keinesfalls sei es eine zielgerichtete Aktion gewesen. Die Pläne, in welchen Regionen wann kontrolliert wird, stünden Wochen im Voraus fest. Nähere Informationen über das System gibt es nicht, auch damit sich Schwarzfahrer nicht danach richten können. Wer also am Donnerstag einen Bußzettel bekommen hat, wird zahlen müssen.

© SZ vom 09.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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