Während sich die Demokratiebewegung in Myanmar bemüht, die Einnahmequellen der Junta versiegen zu lassen, kommt frisches Geld aus München: Die Firma Giesecke & Devrient liefert Material, mit denen die Militärregierung neue Banknoten druckt. Nyein Chan May, Mitgründerin der Initiative "German Solidarity with Myanmar Democracy", will das verhindern. Im Interview erklärt sie, was sie mit ihrem Protest in München erreichen will.
SZ: Der vergangene Samstag markierte den blutigsten Tag seit dem Putsch. Wofür haben Sie in München demonstriert?
Nyein Chan May: Wir haben mit 120 Menschen aus ganz Bayern vor dem Firmensitz von Giesecke & Devrient der Opfer der Junta gedacht. Aber wir haben auch demonstriert, denn das Münchner Traditionsunternehmen Giesecke & Devrient beliefert die Zentralbank Myanmars immer noch mit Rohstoffen für den Banknotendruck. Die Zentralbank aber ist aktuell unter Kontrolle der Militärjunta, die auf die eigene Bevölkerung schießt. Deshalb fordern wir Giesecke & Devrient auf, einen sofortigen Lieferstopp zu verhängen.
Das Unternehmen argumentiert, es führe nur noch Altaufträge aus und bearbeite keine neuen Anfragen aus Myanmar.
Ja, aber diese Altaufträge sind mit der zivilen Regierung geschlossen worden, also noch vor dem Putsch im Februar. Jetzt aber beliefert Giesecke & Devrient die Junta, die auf die eigene Bevölkerung schießen lässt. Auch gewählte Abgeordnete und Mitglieder des zivilen Gegenkabinetts haben sich schon für den Lieferstopp eingesetzt.
Wie wichtig sind die Lieferungen aus München?
Vieles deutet darauf hin, dass das Militär in eine finanzielle Krise geraten ist. Mitglieder des zivilen Gegenkabinetts und der Demokratiebewegung lassen deshalb nichts unversucht, um der Junta den Geldhahn abzudrehen. Sie fordern deshalb Konzerne auf, Geschäftsbeziehungen abzubrechen oder - sofern sie in Myanmar sitzen - keine Steuern mehr zu zahlen. Der Militärjunta bleibt nur noch, die Notenpresse anzuwerfen. Die Banknoten, die ohne Giesecke & Devrient nicht gedruckt werden könnten, sind eine Überlebenschance für die Militärjunta.
Woran arbeiten Sie außerdem?
Wir organisieren beispielsweise Spendenkampagnen für die Menschen vor Ort und stehen in Kontakt mit Bundestagsabgeordneten. Wir fordern von der Bundesregierung auch, dass der Militärattaché in Berlin endlich ausgewiesen wird. Er ist kein ziviler Diplomat, sondern der verlängerte Arm der Militärführung in Deutschland. Außerdem recherchieren wir, um problematische Geschäftsbeziehungen aufzudecken. Dazu gehören Giesecke & Devrient, uns beschäftigt gerade aber auch MAN, das Anteile beim Lastwagenhersteller Sinotruk hält - einem Zulieferer des myanmarischen Militärs. Auch MAN fordern wir auf, seinen Einfluss entschieden zu nutzen, damit es keinerlei Geschäftsbeziehungen mit dem brutalen Militär Myanmars gibt.
Hatten Sie bereits Kontakt mit Giesecke & Devrient?
Ja, wir hatten den Eindruck, dass Giesecke & Devrient uns wirklich zuhört, und hoffen, dass wir am Ende Erfolg haben. Das heißt übrigens nicht, dass wir das Geschäft des Unternehmens schädigen wollen. Später kann sie ihre Beziehungen gerne wiederaufnehmen. Aber nicht jetzt und nicht mit diesem grausamen Regime.
Wie zuversichtlich sind Sie?
Wir haben das Versprechen bekommen, dass es zeitnah zu einer Entscheidung kommt. In zwei Wochen werden wir erneut in München präsent sein. Ob wir eine Mahnwache für die Opfer halten oder ob wir zusätzlich weiter Druck auf Giesecke & Devrient ausüben müssen - das hat das Unternehmen jetzt selbst in der Hand.
Anmerkung der Redaktion: Der Münchner Banknotenhersteller Giesecke+Devrient hat die Geschäftsbeziehungen mit Myanmar vorerst eingestellt. Grund sei das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Opposition in dem südostasiatischen Land, sagte Vorstandschef Ralf Wintergerst am Mittwoch in München.