Zweckentfremdung:Der Versuch der Stadt zählt

Lesezeit: 1 min

Oft wird der Stadt vorgeworfen, dass sie Investoren zu viele Freiheiten gewährt. (Foto: dpa)

Es war absehbar, dass Richter über die Verschärfung der Zweckentfremdungssatzung urteilen. Doch war der Vorstoß konsequent.

Kommentar von Anna Hoben

Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verpasst den Bemühungen der Stadt um mehr bezahlbaren Wohnraum einen Dämpfer - und gibt obendrein noch dem Freistaat einen Rüffel mit. Es sei befremdlich, so die Richter in ihren Ausführungen, dass das zuständige Staatsministerium das städtische Handeln in einer Stellungnahme zwar für rechtswidrig erachtet habe, darüber hinaus aber nicht eingeschritten sei.

Hinter dem Streit um ein Instrument mit dem sperrigen Namen Zweckentfremdungssatzung steckt das sehr grundsätzliche Bemühen der Stadt um mehr bezahlbaren Wohnraum. Die Kritik des Haus- und Grundbesitzervereins an den vor einem Jahr verschärften Regelungen ist prinzipiell nachvollziehbar. Nicht jeder Eigentümer ist ein Großinvestor, für den sich bei den aktuellen Baukosten ein Neubau auch unter solch strengen Auflagen noch lohnen würde. Außerdem: Neubauten sind aus der Mietpreisbremse explizit ausgenommen. Und nun soll für sie in München plötzlich doch eine Bremse gelten? Trotzdem war der Versuch der Stadt richtig. Sie hat damit gezeigt, dass es ihr ernst ist. Denn es war bis dahin ja so: Wann immer Mietwohnungen abgerissen wurden, verschwand bezahlbarer Wohnraum - unwiederbringlich. Dass am Ende ein Gericht über den Vorstoß entscheiden würde, war absehbar.

Oft wird der Stadt vorgeworfen, dass sie Investoren zu viele Freiheiten gewährt. Bei der Verschärfung der Zweckentfremdungssatzung kann man ihr das nicht nachsagen. Tatsächlich lässt die Stadtspitze seit Langem durchblicken, dass sie die Bemühungen auf Bundesebene für bezahlbaren Wohnraum für nicht ausreichend hält. Eine Kommune wie München kann aber keine allgemeinen Mietobergrenzen festlegen. Also dreht sie selber an verschiedenen Stellschrauben. Sie heißen Erhaltungssatzung, sozialgerechte Bodennutzung - oder Zweckentfremdungssatzung. Solange in Berlin die Versuche, den Mietpreisanstieg einzudämmen, so zögerlich bleiben, so lange bleibt der Stadt nichts anderes übrig.

© SZ vom 26.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Urteil
:Ein Rückschlag für den Mieterschutz

Der VGH kippt die Regelung, dass nach Abriss eines Mietshauses dort keine teuren Eigentumswohnungen entstehen dürfen. Die Begründung: Die Stadt überschreite ihre gesetzlichen Kompetenzen.

Von Anna Hoben und Bernd Kastner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: