Münchner Unternehmen:Wie attraktiv ist die Stadt als Wirtschaftsstandort?

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Blick über das Werksviertel: Hier sind Wohnen und Arbeiten eine Verbindung eingegangen, die viele Firmen anzieht. (Foto: Florian Peljak)

Eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer zeigt: Zufrieden sind die Unternehmen mit dem Verkehrsnetz und der Energieversorgung. Doch in anderen Bereichen sehen sie dringenden Handlungsbedarf.

Von Catherine Hoffmann

Es gibt viel zu tun, trotz guter Gesamtnote: Der Wirtschaftsstandort München wird von den ansässigen Unternehmen zwar mit der Note 1,8 bewertet, es gibt aber viel Kritik. Dies ist das Ergebnis einer Befragung der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern vom März 2023, an der sich 325 Betriebe beteiligt haben. Bewertet wurden insgesamt 48 Faktoren auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 5 (sehr schlecht). "Unsere IHK-Umfrage zeigt, wo die Betriebe - gerade die kleineren und alteingesessenen - der Schuh besonders drückt", sagt Peter Kammerer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern. "Sie liefert gute Hinweise, wo die Stadtpolitik genauer hinschauen muss. Standortkosten, Wohnraumangebot, unternehmerfreundliche Verwaltung - da besteht Handlungsbedarf."

Zufrieden sind die Betriebe dagegen mit der Energieversorgung (1,9), der Anbindung an das regionale Straßennetz (1,8), dem Angebot an Hochschulen und Universitäten (1,8). Punkten kann München auch mit der Attraktivität seiner Innenstadt und seinem Kulturangebot (1,9). Auch das Image der Stadt bekommt mit 1,8 eine gute Note. Als größte Schwächen des Standorts nennen die Unternehmen den Mangel an Wohnraum (4,0) und Gewerbeflächen sowie die hohen Mieten (3,7) und Gewerbesteuern (3,7). Beklagt werden auch bürokratische Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren (3,7 und 3,5).

"Wir haben in den vergangenen zehn Jahren mehr als 170 Hektar Gewerbeareale verloren, die in Wohnflächen umgewandelt wurden", sagt Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) zu den beiden Hauptkritikpunkten. "Das Pendel ist in Richtung Wohnungsbau ausgeschlagen, jetzt muss es wieder in die andere Richtung gehen." Das städtische Reservoir zur Vergabe von Gewerbeflächen sei erschöpft. Wer nach geeignetem Grund für seine Werkshalle oder Büros suche, sei auf einen Makler angewiesen.

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Doch die Konkurrenz ist groß. Während der Automotive-Sektor, eine der großen Säulen der Münchner Wirtschaft, stagniere und perspektivisch schrumpfe, wachse vor allem der Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik, so Baumgärtner. "Apple ist dafür nur ein plakatives Beispiel, es gibt aber noch viel mehr IT-Unternehmen, die wachsen und dafür qualitativ hochwertige Flächen mit Campus-Feeling brauchen - wie das Werksviertel."

Allen, die Apple und Wirtschaftswachstum kritisch sehen, hält der Wirtschaftsreferent entgegen: "Mit der wachsenden Bevölkerung steigen die Anforderungen an die städtische Infrastruktur, vom Verkehrsnetz bis zur Kita. Dafür brauchen wir Geld. Es geht bei Wachstum nicht darum, dass sich einige Internetgiganten auf Kosten der Kommune reich machen. Man gibt ihnen Baurecht und nimmt Steuern." Bliebe alles so, wie es jetzt ist, würden Unternehmen abwandern, die Einnahmen aus Gewerbe-, Umsatz- und Einkommensteuer sinken. Dann gäbe es Stagnation.

Diese Befürchtung spiegelt sich auch in den Ergebnissen der IHK-Umfrage: Knapp 35 Prozent der Befragten geben an, dass hohe Standortkosten und Fachkräftemangel das Unternehmenswachstum verzögert haben. Die Bereitschaft zu investieren nahm im Vergleich zur letzten Befragung aus dem Jahr 2019 um 5,5 Prozent ab. Ein Fünftel der Unternehmen gibt sogar an, seinen Standort in München verkleinert zu haben; 2019 waren dies lediglich 5,9 Prozent der Betriebe. Auch die Zahl derer, die ihren Standort in München künftig schrumpfen wollen, hat zugenommen - von 1,3 auf 7,3 Prozent.

Nicht alle Standortfaktoren kann die Stadt beeinflussen. Die Gewerbeflächenpolitik liegt aber unmittelbar in der Verantwortung der Kommune, ebenso schnelle Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren. Mehr Servicequalität in der Stadtverwaltung ist immerhin beschlossene Sache. Sie müsse jetzt, fordert IHK-Manager Kammerer, "zügig auf allen Ebenen im Rathaus umgesetzt werden". Angesichts der hohen finanziellen Belastungen, unter denen die Wirtschaft aufgrund der weltpolitischen Krisen leide, sei auch Augenmaß bei Gewerbe- und Grundsteuer zu wahren.

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