Verkehr in München:Das Rad ist kein Allheilmittel

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Auf längeren Strecken können nicht Fahrräder, sondern Busse und Bahnen das Auto ersetzen. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Verkehrsprobleme der Stadt werden sich nicht über das Fahrrad alleine lösen lassen. Bei längeren Strecken kann nur der öffentliche Nahverkehr mit dem Auto konkurrieren.

Kommentar von Dominik Hutter

Mit dem Auto von Allach nach Trudering. Zu Fuß um die Ecke zum Metzger. Beides wird in der gängigen Form des Modal Split völlig gleichberechtigt gewertet: als ein Weg. Kein Wunder, dass in der Statistik, die die Prozent-Anteile der einzelnen Verkehrsmittel am gesamten Mobilitätsgeschehen abbildet, Fuß- und Radverkehr erstaunlich hohe Anteile erreichen. 24 beziehungsweise 18 Prozent. Das sieht gut aus, wenn man München nach außen als Öko- oder Radlhauptstadt verkaufen will. Realistisch ist es nicht. Denn natürlich ist auch die Länge des Weges von entscheidender Bedeutung. Dann schnurrt der Anteil der Radfahrer auf fünf, der der Fußgänger auf drei Prozent zusammen.

Das ist kein Grund, das Fahrrad gering zu schätzen - der Anteil dieses umweltfreundlichen Verkehrsmittels sollte durch weitere Verbesserungen im Radwegenetz signifikant erhöht werden. Die Zahlen zeigen aber, und das sei vor allem denen ans Herz gelegt, deren Velo-Verehrung schon religiöse Züge angenommen hat: Allein übers Fahrrad lassen sich die Münchner Verkehrsprobleme nicht lösen. Dazu sind viele Wege zu weit. Das Wetter ist zu wechselhaft. Und viele Leute sind schlicht und einfach körperlich nicht in der Lage, ihre täglichen Wege im Sattel zurückzulegen.

Der realistische Modal Split, also der mit Berücksichtigung der Weglänge, zeigt deutlich auf, welches umweltfreundliche Verkehrsmittel die Hauptlast trägt. Und auch auf Dauer tragen wird. Es ist der MVV. Busse und Bahnen können als einzige auch auf längeren Strecken dem Auto das Wasser reichen. Sie sind es übrigens auch, die das Gros der Radfahrer transportieren, wenn es draußen stürmt, regnet oder schneit. Das sollte man nicht ganz vergessen, wenn im Eifer des Gefechts so getan wird, als könnte übermorgen ganz München ganzjährig und laut klingelnd ins Büro radeln.

Ohnehin täte der reichlich aufgeregten Verkehrsdebatte ein wenig Gelassenheit gut. Ja, es ist unverschämt, auf dem Radweg seinen Transporter zu entladen. Aber ein schweres Verbrechen, das ganz mittelalterlich am Twitter-Pranger vorgeführt werden muss, ist es nicht.

© SZ vom 02.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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