Verkehr:München braucht ein Mobilitätsreferat

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Die Planung neuer E-Ladesäulen kann ein langwieriger Prozess sein. (Foto: dpa)

Bei der Verkehrsplanung bremst sich die Stadt ständig selbst aus: Jedes neue Projekt beschäftigt gleich mehrere Referate. Dadurch entsteht ein Zuständigkeitswirrwarr.

Kommentar von Andreas Schubert

Dass die Stadt im Verkehr erstickt, lässt sich tagtäglich erleben. Leider ist auch zu beobachten, dass viel zu viele Menschen noch nicht bereit sind, ihr Auto stehen zu lassen, weil das Angebot an öffentlichem Nahverkehr und besseren Bedingungen für Radfahrer nur langsam wächst. Das liegt nicht unbedingt am politischen Willen - sondern daran, dass die Mühlen der Behörden zuweilen so langsam mahlen, wie ein Autofahrer in der Rushhour vorwärts kommt.

Faulen Mitarbeitern in der Verwaltung ist das eher nicht anzulasten, sondern der Organisationsstruktur. Jedes neue Verkehrsprojekt beschäftigt gleich mehrere Referate, ein Beispiel: Wenn die Stadtwerke eine neue Mobilitätsstation mit MVG-Rädern- und E-Ladesäulen bauen wollen, müssen sie zusammen mit dem Planungsreferat einen Standort finden. Das Wirtschaftsreferat redet dann mit Firmen am Standort, das Kreisverwaltungsreferat kümmert sich um Genehmigungen, Umwidmung von Parkplätzen und Beschilderung, das Baureferat erledigt den Bau und den Unterhalt der Station und stellt auch die Schilder auf. Weil es bei Mobilitätsstationen immer um Elektromobilität geht, redet auch das Umweltreferat mit. Und wenn Nutzer dann per App herausfinden wollen, ob dort ein Leihrad verfügbar ist, ist an der Technik auch das IT-Referat beteiligt.

Man kann sich also vorstellen, welche zeitintensiven Abstimmungsprozesse solche Projekte in Anspruch nehmen. Immer wieder sind die einzelnen Behörden bei bestimmten Angelegenheiten, zum Beispiel beim Wegfall von Parkplätzen, nicht einer Meinung, was die Abstimmung ebenfalls verzögert. Und dann kommt es auch mal vor, dass Referate auf Nachfrage nicht spontan wissen, ob sie wirklich für diesen oder jenen Verkehrsaspekt zuständig sind.

Mit so einem Zuständigkeitswirrwarr bremst sich die Stadt in Sachen Verkehr, das Bild passt zum Thema, selbst aus. Deshalb braucht es das Mobilitätsreferat - auch wenn der Beschluss am Mittwoch vertagt wurde. Sind verkehrsstrategische Entscheidungen und die Realisierung sowie das Management von Projekten unter einem Dach gebündelt, können diese deutlich rascher umgesetzt werden. Jetzt muss die Stadt zügig am Zuschnitt der Behörde arbeiten, damit sie 2021 ihre Arbeit aufnehmen kann.

Alle Verkehrsprobleme wird zwar auch ein Mobilitätsreferat nicht von heute auf morgen beseitigen. Denn einfache Lösungen gibt es für München nicht. Es braucht deshalb ein Gesamtkonzept für den Verkehr, eines, das Radverkehr und ÖPNV schnell voranbringt und Autoverkehr verringert, ohne ihn komplett auszusperren. Das wäre die erste große Herausforderung für die künftige Behördenleitung.

© SZ vom 12.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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