Urteil:Umstürzende Bäume sind als "naturbedingt hinzunehmen"

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Aufräumarbeiten nach einem Sturm: Im Sommer 2023 räumen Gärtner in München einen abgebrochenen Baum weg (Symbolfoto). (Foto: Alessandra Schellnegger)

Bei einem Unwetter fällt in München ein Baum auf ein Autodach. Die Besitzerin zieht vor Gericht und verlangt Schadenersatz - vergeblich.

Von Susi Wimmer

Bäume schlagen im Frühling aus, und wenn es unglücklich läuft, können sie auch einschlagen: nämlich in das Autodach einer Münchnerin. Diese zog vor das Amtsgericht, weil sie der Meinung war, dass der Parkhausbetreiber, auf dessen Grund sich der Baum befand, seine Sicherungs- und Baumpflegepflicht vernachlässigt habe. Das Gericht sah dies aber nicht so, jetzt bleibt die Frau auf den Schäden und Kosten sitzen.

Die Klägerin hatte an jenem Tag auf einer öffentlichen Straße in der Münchner Innenstadt ihren Wagen geparkt, vis-à-vis das Parkhaus. Nachts fegte ein heftiger Sturm über die Stadt und gegen 4 Uhr früh kippte ein Laubbaum auf dem Gelände des Parkhauses quer über die Straße und mit der Krone auf das Autodach.

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Der Autofahrerin bot sich tags darauf ein Bild der Zerstörung. Das Fahrzeug habe "einen wirtschaftlichen Totalschaden" erlitten, trug sie bei Gericht vor. Sie verklagte den Parkhausbetreiber auf Zahlung von knapp 2900 Euro. Denn ihrer Meinung nach wäre das ganze nicht passiert, hätte der Parkhausträger die Standfestigkeit des Baumes regelmäßig überprüft.

Naturgemäß sah die Beklagtenseite dies ganz anders. Das schwere Gewitter und die heftigen Windböen hätten den Laubbaum unvorhersehbar zu Fall gebracht, argumentierte diese. Man habe auch keine Anzeichen übersehen oder verkannt, die etwa auf eine Krankheit des Baumes hingewiesen hätten.

Das Gericht schloss sich der Meinung des Parkhausträgers an. Die Klägerin hätte nachweisen müssen, dass die Leute vom Parkhaus ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hatten. Damit eine Haftung greift, hätte die Frau beweisen müssen, dass der Baum vorgeschädigt war oder dass die Parkhausbetreiber dies hätten erkennen müssen. Zwar legte die Klägerin dem Gericht Fotos von den Überresten des Baumes vor. Allerdings wurde der gefallene Riese nur von Weitem fotografiert, "Schäden oder Krankheitszeichen sind auf diesen Bildern nicht erkennbar", stellte das Gericht fest. Und die Frau hatte den Baum am "Tattag" auch nicht begutachtet, ob er wirklich krank sei. "Es ist noch nicht einmal bekannt, ob der Baum abgebrochen ist oder entwurzelt wurde", so das Gericht.

Auf der anderen Seite hatte die Beklagte nachgewiesen, dass die Bäume, die auf dem Gelände des Parkhauses stehen, regelmäßig kontrolliert, gewässert und geschnitten werden. Abgesehen davon hätte die Klägerin auch dann nachweisen müssen, dass bei der Überwachung der Bäume die Schädigung erkennbar gewesen sei.

Am Ende befand das Gericht, dass auch ein gesunder Baum bei einem Unwetter abbrechen oder entwurzelt werden kann. Und nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs sei "die abstrakte Baumgefahr als naturbedingt hinzunehmen". Das Urteil des Amtsgerichts München ist rechtskräftig.

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