Private Unterkünfte in München:Was bei der Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten zu beachten ist

Lesezeit: 3 min

Nirgendwo sonst in Deutschland sind so viele Flüchtlinge aus der Ukraine angekommen wie in München und dem umliegenden Landkreis. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Viele Münchner sind bereit, Flüchtlingen aus der Ukraine Unterkunft zu gewähren - für Tage, Wochen oder sogar Jahre. Was müssen sie dabei beachten? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Bernd Kastner

Tausende Münchnerinnen und Münchner haben sich in den vergangenen Wochen bereit erklärt, Geflüchteten aus der Ukraine eine private Unterkunft zu geben. Die Vermittlung läuft über den Verein "Münchner Freiwillige", der sich 2015 gründete, als Tausende Flüchtlinge vor allem aus Syrien ankamen. Inzwischen dürfte der Verein die wohl größte Vermittlungsbörse für ehrenamtliche Hilfe in München sein. Bislang habe man schon mehr als 5000 Personen in Privatquartiere vermittelt, sagt die Vorsitzende Petra Mühling.

Wo können sich Anbieter und Geflüchtete melden?

Wer Übernachtungsplätze anbieten will, sollte sich online registrieren, über ein Formular auf der Seite muenchner-freiwillige.de. Geflüchtete können sich ebenfalls online melden und ihren Bedarf angeben. Oder sie kommen persönlich zum Elisenhof direkt beim Hauptbahnhof (Eingang Prielmayer-, Ecke Luisenstraße), wo der Verein inzwischen Räume nutzt. Dort sitzen Vermittlungsteams, die Geflüchtete registrieren, ihren Bedarf abfragen und auch gleich geeignete Anbieter kontaktieren.

Welche Angebote werden angenommen?

Alle. Vom Schlafplatz für wenige Nächte über ein Zimmer für ein paar Wochen bis hin zur kompletten Wohnung für Monate oder Jahre. Petra Mühling sagt, dass derzeit Plätze für wenige Nächte stark nachgefragt würden, weil viele Geflüchtete weiterreisen wollten. Benötigt würden aber auch oft längerfristige Angebote, da viele auch in München bleiben wollen. Wer dauerhaft eine Wohnung an Geflüchtete vermieten will, kann dies auch über den Verein tun. Dieser mietet mit Gewerbemietvertrag die Wohnung an und vermietet sie weiter an Geflüchtete; Ansprechpartner für Vermieter ist damit der Verein. In den vergangenen Jahren, sagt Mühling, seien so bereits knapp 100 Wohnungen zusammengekommen, die man an Geflüchtete, egal aus welchem Land, weitervermiete.

Darf man als Mieter überhaupt Geflüchtete aufnehmen?

Ja, heißt es beim Mieterverein. Solange jemand für maximal sechs bis acht Wochen in der Wohnung mitwohne, gelte das formal als Besuch, dafür brauche man nicht mal das Okay des Vermieters. Für eine längere Dauer brauche es aber das Plazet des Eigentümers, ebenso, wenn jemand seine ganze Wohnung Geflüchteten überlassen wolle. Wer als Mieter Geld von der geflüchteten Person verlangt, brauche immer die Zustimmung des Vermieters, unabhängig von der Dauer.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Darf man als Anbieter Miete verlangen?

Ja, das ist möglich. Allerdings priorisieren die Münchner Freiwilligen kostenfreie Angebote bei der Vermittlung, weil viele Geflüchtete zunächst kein oder wenig Geld zur Verfügung haben. Da Ukrainer und Ukrainerinnen staatliche Unterstützung gemäß Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, werden auch Mietkosten vom Staat übernommen.

Wie wird die Zuverlässigkeit und Redlichkeit der Menschen geprüft, die ein Quartier anbieten?

Diese Frage stellt sich angesichts von Berichten oder zumindest Befürchtungen, zwielichtige Personen könnten versuchen, über die Zimmervermittlung beispielsweise Frauen oder Kindern nahezukommen. Eine Überprüfung der Anbieter sei dem Verein aber nicht möglich, betont Petra Mühling. Man könne in dieser Notsituation die Anbieter nicht persönlich prüfen oder sich ein Führungszeugnis vorlegen lassen. Was der Verein aber tue: Namen und Adressen der Anbieter erfassen. Alle vermittelten Geflüchteten müssten dann selbst darauf achten, dass alles okay ist bei Gastgeber oder Vermieter. Der Verein hafte nicht für mögliche negative Folgen der Vermittlung.

Nach welchen Kriterien werden Geflüchtete und Anbieter zusammengebracht?

"Matching" nennen sie das beim Verein, es wird von Vermittlerinnen und Vermittlern übernommen, meist im Team mit Dolmetschern. Sie prüfen den Bedarf - also zunächst Zahl und Alter der Geflüchteten, ob sie Haustiere dabeihaben sowie die gewünschte Dauer - und schauen, welches Angebot passen könnte. Haben die Teams im Elisenhof den Eindruck, dass ein bestimmtes Angebot passen könnte, rufen sie diese Person an und vereinbaren einen Treffpunkt. Meist soll die- oder derjenige zum Elisenhof kommen, wo dann die Daten aus dem Ausweis samt Adresse aufgenommen werden und er oder sie mit den Geflüchteten bekannt gemacht wird. Wenn beide Seiten den Eindruck haben, sie kommen miteinander klar, können sie aufbrechen. Hat eine Seite Bedenken, sollte sie das äußern, sagt Mühling.

Wie schnell wird vermittelt?

Oft ganz schnell, sagt Petra Mühling, dann vergingen nur wenige Stunden zwischen Abgabe des Angebots und dem Anruf des Vermittlungsteams mit der Bitte, zum Elisenhof zu kommen. Mitunter dauere es aber auch einige Tage oder Wochen, ehe ein Angebot abgerufen werde.

Welche Quartiere sind am gefragtesten?

Unterkünfte für vier Personen benötige man am häufigsten, sagt Petra Mühling, wobei der Verein dabei nicht zwischen Erwachsenen und Kindern unterscheide. Die meisten Angebote aber kämen für zwei Personen rein.

Müssen Geflüchtete in den privaten Quartieren auch betreut und verpflegt werden?

Das sollten Gastgeber und Geflüchtete untereinander klären, der Verein hält sich dabei heraus.

Werden auch Flüchtlinge aus anderen Ländern in Privatquartiere vermittelt?

Nein. Diese Geflüchteten durchlaufen das normale Asylverfahren und werden zunächst in staatlichen oder kommunalen Unterkünften einquartiert.

Wo gibt es weitere Informationen?

Zur Vermittlung von Unterkünften auf muenchner-freiwillige.de. Auf der städtischen Seite muenchen.de/ukraine stehen Informationen für Personen, die Geflüchtete aufnehmen wollen. Ständig ausgebaut wird auch das Portal der Caritas: willkommen-in-muenchen.de.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusKrieg in der Ukraine
:Fluchthilfe mit dem Tourbus

Der Neubiberger Konzertveranstalter Tobias Thalhammer organisiert die Deutschland-Tournee einer Cover-Band aus Kiew, als der Krieg ausbricht - und ist nun als Krisenmanager gefragt.

Von Stefan Galler

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: