Krieg in der Ukraine:Eine Welle der Hilfsbereitschaft ist in München angerollt

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Meterhoch stapeln sich die Hilfsgüter an der ukrainischen Kirchengemeinde und werden von Freiwilligen sortiert und verpackt. (Foto: Stephan Rumpf/Stephan Rumpf)

Neun Transporter und drei Autos mit Hilfsgütern wurden von der ukrainischen Gemeinde bereits an die Grenze geschickt. Ehrenamtliche, die 2015 am Hauptbahnhof anpackten, vermitteln private Unterkünfte. Wer sich in der Stadt für Kriegsflüchtlinge engagiert - und wo Sie noch helfen können.

Von Anna Hoben

Hinter dem Gemeindezentrum der ukrainisch-griechischen Katholiken in der Schönstraße in Untergiesing stapeln sich die Pakete am Sonntagnachmittag meterhoch. Junge Männer haben eine Kette gebildet, um einen Transporter zu beladen. Über die sozialen Netzwerke und auch bei den Demonstrationen der vergangenen Tage haben die Angehörigen der Gemeinde in München ihren Spendenaufruf verteilt. Sie sammeln, um die Menschen an der ukrainischen Grenze mit dem Nötigsten zu versorgen: Wasser, Nahrungsmittel, Medikamente, Bettdecken. Drinnen im Haus brummt es wie in einem Bienenstock. Das System scheint sich auf beeindruckende Weise selbst zu organisieren.

Am Vormittag hat Erzbischof Kardinal Reinhard Marx mit den Münchner Ukrainern in ihrer Kirche Gottesdienst gefeiert, ihnen Gebet und konkrete Nothilfe zugesichert. Dabei, so sagte er, wolle man sich auch gemeinsam um Flüchtlinge kümmern, die in München erwartet werden. Viele der Dutzenden Freiwilligen waren schon um acht Uhr morgens da. Tags zuvor, am Samstag, haben sie von vormittags bis spät in die Nacht Hilfsgüter sortiert und Autos beladen. Neun Transporter und drei Autos hätten sich bereits auf den Weg gemacht, berichtet Marta Schmidt, eine der freiwilligen Helferinnen. Die Fahrzeuge sollen hernach Flüchtlinge von der Grenze nach Deutschland bringen.

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Es ist eine Welle der Hilfsbereitschaft angerollt in München. Im Minutentakt kommen vorne am Eingang des Gemeindezentrums schwer bepackte Helferinnen und Helfer an. Unterdessen hat auch der Verein "Münchner Freiwillige" eine Hilfsaktion gestartet. Seit Donnerstag sei man im Kontakt mit dem Sozialreferat, berichtet die stellvertretende Vorsitzende Marina Lessig am Sonntag. Münchnerinnen und Münchner, die ein Zimmer für Kriegsflüchtlinge anzubieten haben oder einfach irgendwie helfen wollen, können dies über ein Formular auf der Webseite www.muenchner-freiwillige.de anmelden. Etwa 250 Meldungen seien bis Sonntag bereits eingegangen, sagt Lessig, 33. Die meisten davon ganz offen, mit dem Tenor: "Ich habe Zeit und bin bereit, bitte kontaktiert mich, sobald ich etwas tun kann." Geschätzt jede zehnte Meldung enthalte aber auch ein konkretes Zimmerangebot.

Eine Schwabingerin stellt das Büro in ihrer Wohnung Kriegsflüchtlingen zur Verfügung

Eine, die für eine begrenzte Zeit Wohnraum zur Verfügung stellen könnte, ist Claudia Mades. Die 56-Jährige sagt, sie habe bereits während der Flüchtlingswelle 2015/2016 mehrmals Geflüchtete für ein paar Tage bei sich aufgenommen. Jetzt ist es für sie wieder so weit. "Uns geht's gut", sagt sie, "da kann man nicht einfach nur dasitzen." Für bis zu einen Monat würde sie ihr Büro in ihrer Wohnung in Schwabing hergeben, zwei Erwachsene und ein Kind könnten dort schlafen, sagt sie. Noch hat der Freiwilligen-Verein ihr niemanden vermittelt; in ein paar anderen Fällen habe dies aber schon geklappt, sagt Marina Lessig. Zum Beispiel für Studierende der Ukrainischen Freien Universität München, die bisher von der Ukraine aus online an der Münchner Privatuni studiert haben und nun auf der Flucht sind.

Hervorgegangen ist der Verein aus der Ankunft der Geflüchteten am Münchner Hauptbahnhof im Herbst 2015. Mittlerweile wird er von der Stadt gefördert und ist so etwas wie die zentrale Anlaufstelle in Krisensituationen, wenn spontane Hilfsangebote gebündelt werden müssen. Zuletzt bewährten sich die etablierten Strukturen während der Corona-Pandemie. Jetzt ist wieder Bewährungszeit. Wegen der Vielzahl an zu erwartenden Angeboten und Anfragen habe der Verein zurzeit auch Bedarf an Leuten, die helfen, eben diese Angebote und Anfragen zu sortieren und zusammenzubringen, so Lessig. Wer dabei unterstützen will, kann sich melden unter der E-Mail-Adresse helfen@mfwh.de.

Ein Hilfsangebot einer anderen Art hat der Verein am Sonntagvormittag noch bekommen. Mehrere Wirte aus dem Glockenbachviertel haben sich zusammengetan und bei den Münchner Freiwilligen gemeldet. Sie würden gern für potenziell in der Stadt ankommende Flüchtlinge eine Suppenküche aufbauen.

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