Thomas Prieto Peral ist weit herumgekommen in der Welt. Nicht als Urlauber, sondern als Reisender in kirchlichem Auftrag hat er Menschen in Krisenregionen besucht, im Nordirak, in Sarajevo, an vielen anderen Orten. Freunde des Pfarrers leben in Israel und in den palästinensischen Gebieten. Ihm sei klar, sagte er kürzlich im Gespräch mit der SZ, dass in diesen Tagen schon eine Äußerung von Empathie, ohne sich dabei bedingungslos einem Narrativ zu verschreiben, "so politisch und kontrovers ist, dass man gleich riesige Debatten aufmacht".
Sich deshalb herauszuhalten, kommt für den 57-jährigen Seelsorger aber nicht infrage. Thomas Prieto Peral ist ein durch und durch politischer Mensch, und so fällt auch seine Predigt aus, die er am Sonntag bei seiner feierlichen Einführung ins Amt des evangelischen Regionalbischofs von München und Oberbayern hält.
Zu Haydns tönendem "Choral St. Antonini" ziehen mit Prieto Peral am Sonntag um zehn Uhr nicht nur die hochrangigen Religionsvertreter aus München und Oberbayern in die prächtige St.-Lukas-Kirche zum Festgottesdienst ein, sondern auch Gäste von weit her: der Leiter des Christian Aid Program North Iraq ist ebenso angereist wie die Leiterin des "Wings of Hope"-Traumazentrums Bethlehem, einer evangelischen Stiftung, die in Krisenregionen der Welt traumatisierte Menschen unterstützt und die Pietro Peral einst mitbegründet hat. Als ehemaliger Referent für Ökumene und Weltverantwortung im evangelischen Landeskirchenamt hat er außerdem ein großes Hilfswerk für Christen im Nahen Osten aufgebaut.
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Beeindruckt sei er immer von der Hoffnung gewesen, so der neue Regionalbischof in seiner Antrittspredigt, die die Menschen in diesen Regionen ausstrahlten, von den Brückenbauern und Friedensstiftern unter ihnen: "Sie folgen nicht der Logik der Gewalt, die immer nur Gewalt als Antwort hat - sie haben den Mut, auch auf der Gegenseite die einzelnen Menschen zu sehen, sie anzusprechen, mit ihnen Zukunftsprojekte zu beginnen." Vertrauen haben und sich befreien zum Handeln, das sei es, wozu auch er aufrufen wolle.
In München, wo nach dem Hamas-Terror am 7. Oktober vor allem das Miteinander zwischen jüdischer und muslimischer Community deutlich gestört ist, werden einige diese Botschaft mit Interesse aufgenommen haben. Gäste beim Gottesdienst und beim anschließenden Empfang im Alten Rathaus sind auch die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, und der Penzberger Imam Benjamin Idriz. Er wolle in München und Oberbayern auch "Friedensstifter bei Christen, Juden und Muslimen" unterstützen, sagt Prieto Peral. "So gebe ich auch am zweiten Jahrestag des Ukrainekriegs und im Angesicht des furchtbaren Terrors in Israel und der vielen Kriegsopfer in Palästina die Hoffnung auf Frieden nicht auf."
Prieto Peral, der sein Amt bereits am 1. November angetreten hat, folgt Christian Kopp nach, der wiederum zum evangelischen Landesbischof aufgerückt ist. Für Prieto Perals künftiges Kerngeschäft stellt er beim Festgottesdienst eine Heilungsgeschichte aus dem Neuen Testament in den Mittelpunkt: "Aber sprich nur ein Wort, so wird mein Diener gesund." Es sind die Worte, die der römische Hauptmann von Kaparnaum, der weder Christ noch Jude war, an Jesus gerichtet hat, damit dieser seinem gelähmten Diener helfe. Damit übertrat er das strenge Kontaktverbot für Römer zu den einheimischen Juden, und also zu Rabbi Jesus. "Er schreibt uns in Stammbuch", sagt Prieto Peral, "wie es ist, bedingungslos an der Seite eines Betroffenen zu stehen".
Diesen bedingungslosen Beistand brauchten jetzt auch die Opfer sexuellen Missbrauchs in der Evangelischen Kirche. Der Regionalbischof bezieht sich auf die Ende Januar veröffentlichte Missbrauchsstudie für die evangelische Kirche und die Diakonie, in der Wissenschaftler - wegen mangelnder Kooperation aus den 20 Landeskirchen - erst einmal nur "die Spitze der Spitze des Eisbergs"ans Licht tragen konnten: Identifiziert wurden 1259 Beschuldigte sexualisierter Gewalt und 2225 Fälle seit 1946. "Die Dinge müssen auf den Tisch", sagte Kopp, der Prieto Peral beim Gottesdienst ins Amt einführte. Der neue Regionalbischof, der auch ausgebildeter Traumapädagoge ist, habe einen weiten Blick und wisse, wie man Konflikte angehe.
Wenn man so will, begleitet Prieto Peral einen konfliktträchtigen Prozess bereits in den 150 Gemeinden mit seinen knapp 432 000 Mitgliedern, für die er als Regionalbischof jetzt zuständig ist: den bisher größten Strukturwandel der evangelischen Landeskirche, der notwendig wurde infolge schwindender Mitglieder und massiv wegbrechender Kirchensteuergelder. Als theologischer Planungsreferent der Landeskirche trieb er den Prozess in den vergangenen sieben Jahren federführend voran. In der neuen Rolle muss er ihn umsetzen.
Prieto Peral, der in Grafrath aufgewachsen ist, wo er auch wieder lebt, ist mit der katholischen Hochschul-Professorin und gebürtigen Spanierin Maria Begoña Prieto Peral verheiratet. Gemeinsam mit den drei erwachsenen Kindern steht sie am Altar, als ihr Mann am Sonntag umringt von ökumenischen Wegbegleitern in St. Lukas gesegnet wird. Grundvertrauen, wie es in der Familie bestehe, brauche auch die Gesellschaft wieder, konstatiert der neue politische Regionalbischof am Ende seiner Antrittspredigt. Grundvertrauen auch zu Menschen in Verantwortung und zu Institutionen. "Wer politisch Misstrauen schürt, wer eine Gruppe gegen die andere ausspielt, wer widerlichen Antisemitismus und Rassismus schürt, der lähmt dieses Land und macht die Menschen kaputt."