Theater:Alles Nebensache

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Ja, hier brennt's: Javier Kormann (li.) spielt das Großfeuer, während Elina Fernandez und Helmut Dauner Nachbar und Huberbäuerin skizzieren. (Foto: Benjamin Schmidt)

Das Theater Apropos zeigt im TamS eine Musiktheater-Version von Karl Valentins "Großfeuer" - und macht daraus einen Zaubertrick.

Von Yvonne Poppek

Die Huberbäuerin hat Feuer unterm Dach. Das ist jetzt nichts, was sie aus der Fassung bringt. Die Feuerwehr hat ja eine neue Dampfspritze. Der Butterpreis und die Mäuse, die einem das Geld zusammenfressen, sind da schon größere Probleme. Auf der alten Feuerwehrspritze liegt übrigens ein Fluch, die klemmt im Spritzenhaus fest. Und Unterhaching ist vor 15 Jahren abgebrannt, erinnerungswürdig, der Apotheker spendierte damals 100 Flaschen Fachinger-Bier. Bei so viel Dahergerede müsste man eigentlich meinen, der Huberhof steht zwischenzeitlich nicht mehr. Aber falsch: Das hier ist Karl Valentin, so schnell brennt da nix an.

Karl Valentin, muss man sagen, geht immer. Das ist für das inklusive Theater Apropos für Menschen mit und ohne psychische Erkrankung ein Glück. Schon vor zwei Jahren haben sie begonnen, Valentins Groteske "Großfeuer" zu proben - bei ihnen unter dem Titel "Großfeuer in Untergilching". Regisseur Anton Prestele hat aus dem Einakter einen etwa 90-minütigen Musiktheater-Abend gemacht, indem er sich der Motive aus dem Bayerischen Defiliermarsch bedient und die Handlungsfäden darüber verknüpft hat. So langsam, wie der Huberhof brennt, hat sich das Theater Apropos in Corona-Zeiten dann der Premiere genähert. Die kam soeben im TamS heraus. Dieses Wochenende sind weitere drei Aufführungen zu sehen.

Was das Theater Apropos dort macht, gleicht einem Zaubertrick. Dafür hat Prestele fast komplett auf Ausstattung verzichtet. Es gibt mal eine Leiter oder einen Schlauch, viel soll nicht auf die Bühne, stattdessen gibt es schöne gestische Lösungen für die Szenerie. Die Darstellenden tragen Schwarz-Weiß und rote Varieté-Wangen, Frauen spielen Männer, Männer spielen Frauen. Rollen werden nicht psychologisch gedeutet, sondern haben ein klar strukturiertes Gesten- und Mimik-Repertoire. So nivelliert sich der Unterschied zwischen Profi und Laie im Schauspiel. Indem der Abend Szenenelemente stupide wiederholt im Chor oder pantomimisch, die Sätze ausspielt, alles sehr parzelliert auf die Bühne bringt, verliert sich der Überblick. Der Fokus richtet sich auf Nebensächlichkeiten, das Hauptproblem löst sich quasi in Rauch auf, ist weg wie das Kaninchen im Zylinder. Das ist clever gemacht, der bisweilen an Tempo verlierende Abend entlohnt mit dieser Pointe.

Großfeuer in Untergilching, Fr. bis So., 23. bis 25. September, 19.30 Uhr, TamS, Haimhauser Str. 13a

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