Wenn einer München seinerzeit gut kannte, dann war das Helmut Dietl. In einem Spiegel-Interview hatte er einst über die Stadt gesagt, er sei diese "aggressive Gemütlichkeit" gewohnt, hier sei alles "auf wohltuende Weise fad". Ja, vor neuneinhalb Jahren war da noch was dran. Im Englischen Garten wurden Frisbees geworfen statt Flaschen, an der Isar konnte man sich spontan niederlassen, ohne schon morgens um sechs seinen Platz am Ufer mit einem Handtuch reservieren zu müssen. Und man fuhr tatsächlich mit einem Auto einfach so von einem Viertel ins andere - ohne einen baustellenbedingten Umweg von 50 Kilometern.
Vor sechs Jahren hat sich der Filmemacher viel zu früh von dieser Welt verabschiedet. Heute fragt man sich, welches Bild er wohl von München zeichnen würde, da die alten Klischees ja längst nicht mehr stimmen. Beim Stichwort Aufreißer denkt niemand mehr an Monaco Franze, sondern eher an Baggerfahrer aus dem Baureferat; selbst ernannte Klatschreporter blasen auf Twitter in Sekundenschnelle alles in die Welt, was ihnen vor die Smartphonelinse rennt. Und für die Wohnung von Baby Schimmerlos müsste wohl selbst ein russischer Oligarch erst mal bei der Stadtsparkasse um einen Kredit betteln.
Newsletter abonnieren:München heute
Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.
Eine Studie hat die Stadt nun passenderweise als stressigste Deutschlands ausgemacht, noch vor Berlin. Die Rangliste hat ein Hersteller von Hanfprodukten erstellt, in der Absicht, diese den Menschen in den stressigsten Städten dann auch anzudrehen. Davon kann man halten was man will, ganz falsch liegt die Studie nicht. Denn zu den Stressfaktoren in München gehören, wenig überraschend, unter anderem die finanzielle Belastung, der Verkehr, die Luftverschmutzung und die Bevölkerungsdichte.
Das sind alles Themen, über die, weil's halt nix hilft, geredet werden muss und die ganze Zeit geredet wird. Bei aller Notwendigkeit ist dieser Diskurs alles andere als wohltuend, aber vielleicht würde Dietl sich dann ein bisschen weniger langweilen. Für "Münchner Geschichten" gäbe es auch heute noch jede Menge Stoff.