Im Streit um den ersten Radschnellweg Münchens von der Innenstadt an die nördliche Stadtgrenze wirft Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) seinem Koalitionspartner CSU vor, "scheinheilig" zu sein. Die Christsozialen würden "Nebelkerzen werfen", wenn sie behaupteten, dass wegen der favorisierten Trasse über die Ludwig-, Leopold- und Ingolstädter Straße Busse und Trambahnen ausgebremst werden. Denn niemand, weder in der Stadtverwaltung noch im Stadtrat wolle, dass Busse wegen einer grünen Welle für Radler an roten Ampeln warten müssten und dadurch Verspätungen haben.
Dieses Szenario hatte CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl in einer am Mittwoch einberufenen Pressekonferenz entworfen und vorgerechnet, dass täglich mehr als 200 000 Busfahrgäste potenziell von einer grünen Welle für Radler betroffen wären. Am Donnerstag lehnten CSU, FDP und Bayernpartei deshalb die Machbarkeitsstudie zur Radschnellwegverbindung in den Münchner Norden im Planungsausschuss ab.
SPD, Grüne und Linke beschlossen jedoch mit ihrer Mehrheit, die Pläne weiter zu verfolgen. Sie hatten angesichts der Behauptung, dass der öffentliche Nahverkehr ausgebremst werden könnte, entsprechende Änderungsanträge eingereicht, worin betont wird, dass Busse, Tram und Bahnen natürlich weiterhin Vorrang im Verkehrsmix haben müssten. Noch gibt es keine vertieften Untersuchungen, wie Radler und Busse gleichermaßen flüssig auf der vom Planungsreferat bevorzugten Trasse auf der Leopoldstraße fahren könnten. "Ich möchte, dass dieser Radschnellweg exemplarisch gut wird", sagte Reiter im Planungsausschuss.
SPD-Stadträtin Bettina Messinger erinnerte daran, dass sich der Stadtrat in der Vergangenheit einstimmig grundsätzlich für einen Radschnellweg ausgesprochen hatte. Auch sämtliche betroffenen Bezirksausschüsse hätten die nun diskutierte Strecke befürwortet, zwei von sechs Ausschüssen sogar einstimmig. Paul Bickelbacher (Grüne) betonte, dass "natürlich der Konflikt mit dem öffentlichen Nahverkehr gelöst wird", dieser dürfe nicht unter dem Schnellweg leiden. Johann Sauerer (CSU) sprach angesichts der Änderungsanträge hingegen von einer Kapitulation.