Verwaltungs-Reform:Zwei Krisen, zwei Behörden

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Christine Kugler. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Stadtrat wählt Christine Kugler zu Münchens neue Umweltreferentin. Klimaschutz und Gesundheit sind künftig getrennt.

Von Heiner Effern

Die Koalition baut die Stadtverwaltung weiter kräftig um. Mit der Mehrheit von Grünen und SPD hat der Stadtrat Christine Kugler zur neuen Umweltreferentin gewählt. Die bisherige Bäderchefin der Stadtwerke erhielt 24 von 45 Stimmen. Die niedrige Wahlbeteiligung ist damit zu erklären, dass die Parteien wegen der Corona-Krise weniger Stadträte in die Vollversammlung entsandt hatten. Sie sei "bis in die Haarspitzen motiviert", erklärte Kugler. Ihre erste Aufgabe wird sein, eine Strategie und eine Struktur für das neu zu schaffende Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) zu erarbeiten.

Mit Kugler besetzen die Grünen eine weitere Schlüsselstelle für ihre Politik. Kurz vor ihrer Wahl vereidigte Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) bereits ihren Kandidaten Georg Dunkel als neuen Mobilitätsreferenten. In den kommenden Monaten soll die Verwaltung nun einen Vorschlag erarbeiten, wie das neue RKU aussehen soll. Klar ist, dass auch das Planungsreferat und das Baureferat Personal oder Kompetenzen abgeben müssen. Spannend wird sein, ob die Untere Naturschutzbehörde ins Umweltreferat wandern wird.

Der Trennung des Referats für Gesundheit und Umwelt in zwei Behörden stimmte auch die CSU zu - die neue Chefin aber lehnte sie ab. Fraktionschef Manuel Pretzl zweifelte ihre Qualifikation an. Sie mache als Bäderchefin einen guten Job, aber in Sachen Klimaschutz reiche in den Augen der Grünen wohl schon, dass Kugler früher mal eine Mitarbeiterin der Fraktion gewesen sei. "Wir hätten uns einen Fachmann oder eine Fachfrau gewünscht", so Pretzl. Die anderen Fraktionen der Opposition äußerten sich nicht, doch bei der geheimen Wahl gingen viele Stimmen an andere Kandidatinnen - fünf an Sonja Haider (ÖDP), zwei an Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (SPD) und eine an Linken-Stadträtin Brigitte Wolf. 13 Stimmen waren zudem ungültig.

Grünen-Fraktionschef Florian Roth hatte Kugler vorgeschlagen. Sie habe in ihrer Position bei den Stadtwerken gezeigt, dass sie vom ökologischen Umbau und vom Klimaschutz viel verstehe. Man könne sich "keine bessere vorstellen".

Christine Kugler will nun die Strategie für ihr neues Haus erarbeiten. Sie könne auf "unglaublich viele Aktivitäten" der Stadt aufbauen, nun gehe es darum, daraus ein Klimaleitbild für die Stadt zu erstellen. Vorbilder könnten Städte wie Hamburg oder Wien sein. Aus diesem Rahmen müsse man dann einzelne Maßnahmen und Projekte herunterbrechen, erklärte Kugler. Sie wolle einen Plan, was Jahr für Jahr nötig ist, um die Klimaziele zu erreichen.

Für ihre Strategie wartet Kugler auch auf zwei wesentliche Studien, die kommendes Jahr vorliegen sollen: Im ersten Vierteljahr soll ein Papier zur Wärmewende erscheinen. Darin soll aufgezeigt werden, was die Stadt mit Hilfe ihrer Stadtwerke leisten muss, um vom Verbrennen fossiler Rohstoffe wegzukommen - und welchen Beitrag die Bürger dazu leisten müssen. Die Grünen wollen mit ihrem Umweltbudget von 100 Millionen Euro in die Sanierung und Dämmung von Gebäuden investieren. Später im Jahr rechnet Kugler zudem mit einer Studie, die zeigen soll, wie die Stadt ihre Klimaziele erreichen kann.

Doch die neue Umweltreferentin will in der Klimakrise auch auf das Mikroklima der Stadt achten. Die Beziehung von Grünflächen zueinander oder Frischluftschneisen seien bei steigenden Temperaturen wichtig. Das Mikroklima habe "ganz viel mit Lebensqualität" der Münchner zu tun. Ihre Ziele will Kugler "im Schulterschluss" mit den anderen Referaten, aber auch mit der Stadtpolitik und der Gesellschaft erreichen. Dafür hofft sie auf Rückenwind von allen Beteiligten. Beim Kampf gegen den Klimawandel gehe es "mehr um das Wie als um das Ob", ist sie sicher. Die Arbeit aufnehmen wird Kugler am 15. Januar. Ihr Dienstsitz wird erst mal im jetzigen Referat für Gesundheit und Umwelt in der Bayerstraße liegen.

FDP und ÖDP kritisierten die Schaffung des neuen Umweltreferats mit deutlichen Worten: Grün-Rot schaffe mit dem Umbau der Verwaltung "einen Wasserkopf", hieß es vor der Wahl Kuglers. ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff warf der Koalition vor, in der Klimapolitik zu versagen. Seit der Ausrufung des Klimanotstands vor einem Jahr sei "nichts passiert". Die vereinbarte Klimaschutzprüfung jedes Beschlusses sei schlicht nicht erfolgt. Für die SPD verwies Umweltsprecherin Julia Schmitt-Thiel darauf, dass das Referat für Gesundheit und Umwelt durch die Corona-Krise sehr stark gebunden sei. Die Trennung in zwei Häuser sei "das richtige Zeichen". So werde es gelingen, beide großen Krisen zu bewältigen.

© SZ vom 17.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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