SPD-Parteitag:Geld ausgeben für günstige Mieten

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München - beliebt bei Gästen aus aller Welt, aber bald mit einer eigenen Tourismussteuer? (Foto: Heinz Gebhardt via www.imago-images.de/imago images/Heinz Gebhardt)

Die Münchner Sozialdemokraten bekennen sich zu Milliarden-Investitionen in bezahlbaren Wohnraum. Und attackieren den Freistaat, der zu wenig gegen die Wohnungsnot unternehme.

Von Heiner Effern

Wenn sich die Münchner SPD trifft, um über eines ihrer Kernthemen zu debattieren, dann darf es auch mal plakativ sein: "Weniger Bussi, Bussi, mehr Solidarität!", dieses Motto wirft am Parteitag ein Beamer auf die Leinwand über der Bühne des Kolpinghauses. "Die Stadt ist an einem Kipppunkt", sagte der Münchner SPD-Vorsitzende Christian Köning. Die Frage nach einem bezahlbaren Leben und Wohnen in München stelle sich wieder so drängend, wie es sich niemand mehr hätte vorstellen können.

Auch wenn die Mieten immer mehr steigen würden, Wohnungspolitik sei "nicht hilflos", betonte Köning, stoße aber an Grenzen, die immer wieder verschoben werden müssten. "München darf kein Lebensraum nur für Erben werden. Das ist nicht mein München, unser München", sagte der Stadtvorsitzende unter Beifall im voll besetzten Saal. Bezahlbares Wohnung müsse politisch Vorrang haben, dafür solle die Stadt auch das nötige Geld ausgeben.

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Das neue Wohnbauprogramm München VII für mehr als zwei Milliarden Euro, die Stärkung der Genossenschaften für 80 Millionen Euro, die Fusion der städtischen Wohnungsbaugesellschaften, Förderung von Azubiwohnen, mehr Werkswohnungen, zwischen all den Initiativen der Stadtratsfraktion und der Haltung der Münchner SPD dazu passte am Samstag kein Blatt Papier. Darüber hinaus will die Partei langfristig einen kommunalen Bodenfonds aufbauen, der Grund für Neubauten zur Verfügung stellt, der aber bei der Stadt verbleiben soll.

"Wir sind die Partei für Wohnen und Mieterschutz"

Die Stadtspitze vertrat Bürgermeisterin Verena Dietl, die das Wohnen als politisch zentrales Thema für die SPD hervorhob. "Wir sind die Partei für Wohnen und Mieterschutz. Das wird an uns herangetragen, das wird von uns erwartet." Die Partei müsse jetzt die Basis legen, dass sich nicht nur die Kinder, sondern auch die Enkel München leisten könnten. Dafür müsse die Politik auch in "unangenehme Gespräche zum Thema Nachverdichtung" in die Stadtviertel gehen.

Die große Harmonie des Parteitags störten nur vereinzelte Kritiker. Gerd Baumann etwa sah in den vielen Anträgen zum Thema Wohnen wenig Neues oder Pointiertes, mit dem die Partei in der Öffentlichkeit punkten könnte. Petra Heller rügte, dass die Studenten und ihre Wohnungsnot auf dem Parteitag komplett fehlten. Sehr grundsätzlich wurde Seija Knorr-Köning, die zuletzt im Westen für den Bundestag kandidiert hatte. Sie will das Grundrecht zum Schutz des Eigentums antasten. "Ist es angemessen, dass jemand mehr Eigentum besitzt als das, das er zum Wohnen braucht?", fragte sie, um die Frage gleich selbst mit Nein zu beantworten.

Die Haltung der Stadt-SPD gibt Knorr-Köning nicht wieder. Diese will unbedingt mehr Wohnraum schaffen, wenn auch nicht um jeden Preis. "Gerne arbeiten wir dabei auch mit privaten Investoren und Bauträgern zusammen, wenn dauerhaft sozial gerechter Wohnungsbau entsteht", sagte der Vorsitzende Köning.

Attacken gegen die CSU-geführte Landesregierung

Immer wieder wurde auch der Freistaat attackiert, der viel zu wenig gegen die Wohnungsnot in München unternehme. Insbesondere Florian von Brunn, der Vorsitzende der SPD in Bayern und der Landtagsfraktion, arbeitete sich an der CSU von Ministerpräsident Markus Söder ab. "Viel versprochen, nichts gehalten", so fasste der frisch gekürte SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl bei seinem Heimspiel in München das Regierungshandeln zusammen. Die Stadt baue etwa 1200 neue Wohnungen im Jahr, "mehr als Söder in ganz Bayern".

Der Freistaat solle nun wenigstens als Wiedergutmachung für den Verkauf der Wohnungsgesellschaft GBW vor knapp zehn Jahren die auf den Markt kommenden Immobilien des Konzerns Vonovia erwerben. 2013 hatte die Bayerische Landesbank 33 000 Wohnungen in Bayern, davon 10 000 in München, an einen privaten Investor abgegeben. Das Land Bayern dürfe künftig keine Wohnungen und keinen Grund mehr in der Stadt verkaufen, es solle vielmehr eigene Flächen der Kommune günstig zur Verfügung stellen, forderte Brunn.

Die SPD kümmere sich um die Mieter in München, das könne auch ein Erfolgsrezept für die Landtagswahlen im Herbst 2023 sein, erklärte Brunn am Rande des Parteitags. "Wir stehen für bezahlbare Wohnungen, Entlastungen für die Menschen und einen entschlossenen Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Ich bin mir sicher, dass wir mit dieser sozialen Politik in München ein starkes Ergebnis erzielen", sagte der Spitzenkandidat. "Und wir werden auch bei den Direktmandaten für den Landtag ein Wort mitreden."

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