Schwabing-West:"Nicht noch mehr zupflastern"

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Der heute vollständig versiegelte Innenhof an der Kathi-Kobus-Straße soll begrünt werden. (Foto: Visualisierung: Concrete Capital)

Am geplanten Abriss eines Hotels und eines Wohnhauses in Schwabing-West entzündet sich Kritik. 130 zusätzliche Wohnungen sollen dort entstehen, sogar umgeben von mehr Grün als bisher. Doch das reicht nicht allen.

Von Ellen Draxel

München braucht bezahlbaren Wohnraum. Und als eine der am stärksten versiegelten Metropolen Deutschlands braucht die Stadt auch ausreichend Grün, um den prognostiziert heißen Sommern infolge des Klimawandels etwas entgegensetzen zu können. Bei Neubauvorhaben tauchen diese beiden Aspekte immer wieder auf - insbesondere im westlichen Schwabing, dem am dichtesten besiedelten Stadtbezirk der bayerischen Landeshauptstadt. Jüngstes Beispiel: eine Neubauplanung für das Karree zwischen der Kathi-Kobus-Straße und dem Theo-Prosel-Weg.

Dort ragt das Hotel Vitalis in die Höhe. Der Koloss aus den Sechzigerjahren, neun Stockwerke hoch, soll abgerissen werden: Die Münchner Immobilienfirma Concrete Capital, die das Hotel samt Innenhof und benachbartem Wohngebäude vor vier Jahren erworben hat, will mit der eigens dafür gegründeten Projektgesellschaft KKS Grundbesitz GmbH auf dem Areal einen H-förmigen Neubau mit Wohnungen errichten. Auch das inzwischen unbewohnte Wohnhaus am Theo-Prosel-Weg 11-13 müsste dafür weichen. "Das geht technisch leider nicht anders, weil die unter dem Gebäude befindliche Tiefgarage nur über die Einfahrt im bisherigen Hotel erreichbar ist", sagt Peter Fritsche. Außerdem, erklärt der Geschäftsführer der Concrete Capital, bestehe beim Abbruch des Hotels die "Gefahr, dass der Bau am Theo-Prosel-Weg mit in die Baugrube fällt".

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Statt den bisher 40 Wohnungen sollen durch das Vorhaben nun knapp 170 neue entstehen - Eineinhalb-, Zwei-, Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen. Ein aus Investorensicht weiterer Bonus: Der heute vollständig versiegelte Innenhof - "ein absoluter Alptraum" - würde künftig dank zweier begrünter Innenhöfe, Dach- und Fassaden-Grün nur noch eine 82-prozentige Versiegelung aufweisen. Westschwabings Lokalpolitikern aber ist das zu wenig. Angesichts der engen Bebauung in dem Gebiet plädieren sie mehrheitlich dafür, den Baukörper in der Mitte zugunsten einer größeren Freifläche gar nicht erst zu realisieren.

"Unser Viertel ist dermaßen dicht besiedelt, das sollte man nicht noch mehr zupflastern", erklärt die Bezirksausschuss-Vorsitzende Gesa Tiedemann (Grüne). Auch das bestehende, erst 1996 errichtete Wohnhaus am Theo-Prosel-Weg 11-13 wollen die Bürgervertreter erhalten wissen - den Argumenten des Investors zum Trotz. Um dennoch Wohnraum zu generieren, fänden sie es am sinnvollsten, das anstelle des Hotels vorgesehene Gebäude "höher" als bislang geplant zu errichten. Das wiederum, sagt Fritsche, "will die Lokalbaukommission nicht". Diese Variante hat er mit der Genehmigungsbehörde bereits erörtert, "die LBK möchte nicht, dass wir höher als die Umgebung bauen". Die Behörde hat auch die Bauvoranfrage bereits positiv beschieden.

Sorge um bezahlbaren Wohnraum

Bleibt zu klären, wie sichergestellt werden kann, dass die Mieten des neuen Wohnraums bezahlbar bleiben. Denn Eigentumswohnungen im hochpreisigen Segment sind in den vergangenen Jahren in der näheren Umgebung viele entstanden, unter anderem an der Infanteriestraße 14 und an der Elisabethstraße 91/91a. Der Bezirksausschuss schlägt vor, für das gesamte Karree zwischen der Kathi-Kobus-Straße, dem Theo-Prosel-Weg und der Elisabethstraße, das unter einem hohen Bebauungsdruck steht, einen sektoralen Bebauungsplan zu erstellen, der "mindestens" den gesetzlich vorgeschriebenen Anteil geförderter Mietwohnungen vorschreibt. Auch, da ansonsten mit einem "erheblichem Mietdruck auf die Westschwabinger Erhaltungssatzungsgebiete" wie die Agnesstraße und das Gebiet um Hohenzollernplatz und Hiltenspergerstraße gerechnet werden müsse.

Die Möglichkeit, sektorale Bebauungspläne für den Wohnungsbau auszustellen, gibt es erst seit einem knappen Jahr. Damals trat das neue Baulandmobilisierungsgesetz ins Kraft. Ein sektoraler Bebauungsplan kann Flächen festsetzen, auf denen lediglich Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen die Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllt sind. Oder bei denen sich ein Träger verpflichtet, die Miet- und Belegungsbindung einzuhalten. Auch das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und Höchstmaße für die Größe der Wohnbaugrundstücke im Sinne eines sparsamen Umgangs mit Grund und Boden können in den Festsetzungen enthalten sein. Das Ziel der Neuerung: auch in Innenstädten mehr Möglichkeiten für bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

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