Galeria Kaufhof und Sport-Scheck:"Mich überrascht gar nichts mehr"

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Der insolvente Sportartikelhändler Sport Scheck muss seine Filiale an der Neuhauser Straße verlassen. (Foto: Robert Haas)

Die Insolvenz von René Benkos Signa trifft Galeria Kaufhof und Sport-Scheck. Während manch ein Branchenvertreter von "Hiobsbotschaft" spricht, bleiben Angestellte in den Münchner Filialen gelassen - und führen gute Gründe an.

Von Anne Eberhard und Stefanie Witterauf

Das Weihnachtsgeschäft hat in der Innenstadt längst begonnen. Im Galeria Kaufhof am Marienplatz wirbt ein großer Aufsteller am Eingang mit "30 Prozent Rabatt", ein Mann verteilt Gutscheine für Sonderaktionen, im Kaufhaus laufen Weihnachtslieder. Eine Frau hängt Kleider ordentlich auf Bügel. Sie ist nicht direkt bei Galeria angestellt, sondern bei einer Zeitarbeitsfirma. Von der Pleite des österreichischen Immobiliengiganten hat sie erfahren und von möglichen Folgen für den Kaufhof am Marienplatz. "Der macht nicht zu, das ist eine der wenigen Filialen, die gehalten werden", sagt sie überzeugt. "Ich mag es hier."

In einer anderen Abteilung berichtet eine Verkäuferin: "Unter den Kolleginnen ist das kein großes Thema. Wir haben auch gar keine Infos bekommen." Normalerweise würden solche Themen im Pausenraum besprochen, aber gerade im Adventsgeschäft mache man keine Pausen zusammen, sondern gehe einzeln, weil so viele Kundinnen und Kunden Beratung bräuchten. "Ich war schon beim Hauptbahnhof in der Filiale", erzählt sie und hebt die Schultern. "Wir wussten von der Insolvenz, aber dass der Karstadt dann geschlossen wurde, kam für uns ganz spontan." Angst um ihren jetzigen Job habe sie aber nicht und schaut sich um. "Es ist einfach zu viel los."

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"Es ist schon Thema", sagt eine andere Verkäuferin. Sie habe von der Insolvenz aus dem Internet erfahren. "Von oben kam nichts." Die Stimmung sei angespannt, meint sie im gelassenen Ton als verweise sie auf die Männersocken im ersten Untergeschoss. "Es ist aber ja nicht das erste Mal."

Die Signa Holding GmbH des österreichischen Unternehmers René Benko hatte ein Insolvenzverfahren angekündigt. Die Holding beantragte am Mittwoch nach eigenen Angaben die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung. Galeria gehört zum Schweizer Tochterunternehmen Signa Retail Selection AG, das am Mittwoch Gläubigerschutz bei Gericht beantragt hat. Am Donnerstag wurde außerdem bekannt, dass der ebenfalls zur Signa-Holding gehörende Sportartikelhändler Sport-Scheck Insolvenz beantragen wolle.

Warenhäuser seien in den vergangenen Jahren immer mehr unter Druck geraten, sagt Bernd Ohlmann vom Handelsverband. "Aber die Standorte, die wir jetzt haben, die funktionieren." Es wäre ein "herber Schlag" für die Innenstädte, wenn die Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof schließen müssten. An Spekulationen, wie es mit den Filialen in München und Bayern weitergeht, möchte er sich aber nicht beteiligen. "Ich hoffe, dass die dunklen Wolken sich rasch wieder verziehen." Aus Sicht des Handelsverbandes sei es wichtig, dass die Standorte der Warenhauskette weiter existierten - sowohl für die Angestellten als auch für die Innenstädte. Eine Schließung würde auch die Frage nach einer Nachnutzung der großen Immobilien aufwerfen, sagt Ohlmann.

Eine "Hiobsbotschaft" sei die Insolvenz der Signa-Holding für die Innenstädte, sagt Wolfgang Fischer, Geschäftsführer des Münchner Vereins City-Partner. Die Galeria-Filiale am Marienplatz sei immer noch einer der wichtigsten "Magnetbetriebe" der Innenstadt, die Auswirkungen einer Schließung wären "kaum vorstellbar", sagt Fischer. Dass nun auch Sport-Scheck Insolvenz anmelden musste, sei ein "Rückschlag". Auch wenn das Unternehmen mittlerweile im Besitz von Signa Retail ist, sei es doch ein altes Münchner Unternehmen, an dessen Erhalt der Innenstadt gelegen sei.

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Dominik Datz ist Gewerkschaftssekretär bei Verdi und zuständig für die Beschäftigten im Handel. Ihm zufolge gibt es keinen neuen Stand zur Zukunft der Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof. Erst wenn konkrete, erste Ergebnisse im Insolvenzverfahren der Signa vorliegen, könne eine seriöse Aussage zur Situation getroffen werden.

"Ich bleibe positiv", sagt ein Mitarbeiter von Sport-Scheck am Donnerstagnachmittag. Es sei noch nicht das Ende. Von der Nachricht der Insolvenz sei er schon überrascht gewesen. "Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden heute Morgen informiert und wir müssen die neue Entwicklung auch erst mal aufnehmen." Gerechnet hatte er mit den schlechten Nachrichten nicht. Anders geht es seiner Kollegin. "Ich bin seit mehr als zwanzig Jahren bei Sport-Scheck. Mich überrascht gar nichts mehr." Die Stimmung im Unternehmen sei bisher aber nicht gekippt. "Der Zusammenhalt ist da, auch bei den Obrigen", sagt sie. "Ich sehe das gelassen."

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