Statistik:Hunderte Verletzte jedes Jahr

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Erschreckend oft sind Raser mit mehr als 100 km/h in der Stadt unterwegs

Von Martin Bernstein

Raserei führt im Stadtgebiet immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen. Von insgesamt 26 Verkehrstoten im vergangenen Jahr starben sechs Menschen auf Münchner Straßen, weil Autofahrer sich nicht an Tempolimits hielten oder so schnell fuhren, dass sie ihr Fahrzeug nicht mehr beherrschten. Bei 445 Geschwindigkeitsunfällen in München im Jahr 2018 wurden insgesamt 306 Menschen verletzt, 54 von ihnen trugen schwere Verletzungen davon. Eine besonders gefährliche Raserstrecke ist die schnurgerade, bis zu sechsspurige Fürstenrieder Straße, die von der Garmischer Autobahn bis zur Landsberger Straße führt. Um die Kinder und Jugendlichen zu schützen, die das Erasmus-Grasser- und das benachbarte Ludwigsgymnasium besuchen, führt die Polizei dort häufig Kontrollen durch - mit erschreckenden Ergebnissen.

So raste im Juli ein 22-Jähriger mit 113 Stundenkilometern an den Schulen vorbei. Er stand dabei unter Drogeneinfluss. 115 km/h schnell fuhr im Februar ein Autofahrer zur Schulwegzeit. Mit einer Bierflasche in der Hand raste ein betrunkener 29-Jähriger vor einem Jahr mit Tempo 130 über die Fürstenrieder Straße. Ein 26-Jähriger wurde im September dort sogar mit 149 Stundenkilometern gestoppt. Bei ihm bestand der Verdacht, dass er ein illegales Rennen gefahren hatte. Im Juli stoppten Polizisten auf der Fürstenrieder Straße zwei 21 und 19 Jahre alte Münchner, die sich mit mehr als 100 Sachen ein Autorennen geliefert hatten.

Auch die Landsberger Straße wird immer wieder zum Schauplatz von illegalen Autorennen. Anfang November konnte die Polizei zwei dieser Raser stoppen. Zusammen mit zwei weiteren Tätern waren sie mit mehr als 100 Stundenkilometern durch Pasing und Laim gerast. Dabei wechselten die Autos mehrfach die Fahrstreifen, überholten sich gegenseitig sowie andere Fahrzeuge und missachteten den Mindestabstand zu vorausfahrenden Autos. Zwei der Raser türmten vor der Polizei.

Auch im Vorjahr hatten Beamte zahlreiche zuvor verabredete Autorennen meist junger Raser gestoppt, unter anderem auf der Leopold-, der Ludwig- und der Fürstenrieder Straße und auf dem Frankfurter Ring. Zwei Autofahrer auf der Ingolstädter Straße hatten dabei bis auf Tempo 180 beschleunigt. Dass sie von einer Polizeistreife verfolgt wurden, interessierte sie dabei nicht.

Der folgenschwerste Raser-Unfall der vergangenen Jahre hat sich am 16. September vor zwei Jahren auf der Wasserburger Landstraße ereignet. Drei Menschen starben, als ein damals 60 Jahre alter Mann aus dem westlichen Landkreis Ebersberg mit seinem rund drei Tonnen schweren BMW X5 an einer Ampel auf einen Opel Corsa auffuhr - mit 128 Stundenkilometern und ungebremst, wie die Ermittlungen ergaben. In dem Auto saßen vier Franzosen, die zu einer Geburtstagsfeier nach München gekommen waren: eine 68 Jahre alte Frau, ihr Sohn und ihre Tochter sowie deren Freund. Der Corsa wurde durch den Aufprall rund 100 Meter weit über die Kreuzung katapultiert und fing sofort Feuer. Drei der Insassen starben in den Flammen, die 68-Jährige überlebte mit schwersten Verletzungen, ist seither aber behindert. Kommende Woche - mehr als zwei Jahre nach dem Unfall - beginnt der Prozess gegen den Raser. Geführt wird er vor dem Münchner Amtsgericht. Anders als bei der Todesfahrt vom Freitag hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen fahrlässiger Tötung in drei Fällen erhoben.

Die Angehörigen der Opfer können das nicht nachvollziehen: Die Wasserburger Landstraße ist an der Unfallstelle gut einsehbar, der BMW-Fahrer soll bereits weit vor dem Aufprall sehr schnell unterwegs gewesen sein, er soll keine körperlichen Beeinträchtigungen und sein SUV keinen technischen Defekt gehabt haben, es gibt anscheinend auch keine Hinweise auf eine mögliche Ablenkung durch ein Handy. Dennoch fanden die Ermittler in diesem Fall keine Ansatzpunkte für ein vorsätzliches Handeln.

© SZ vom 19.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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