Prozess:Terror nach der Trennung

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Gericht verurteilt Stalkerin zu einer Bewährungsstrafe

Von sal

Die Angeklagte ist von Beruf Bankkauffrau. An diesem Montagvormittag sitzt sie jedoch hinter hohen Coronaschutzscheiben auf einer Anklagebank am Amtsgericht München wegen eines Vergehens, dem in den allermeisten Fällen Frauen zum Opfer fallen: Stalking. Zweimal wurde sie deswegen schon verurteilt. Nur acht Monate nach der letzten Tat begann sie einem Arbeitskollegen nachzustellen. Er hatte mit der 35-Jährigen eine Beziehung begonnen, diese aber im Dezember 2018 von sich aus beendet. Daraufhin schickte die Angeklagte ihm mitunter Hunderte Whatsapp-Nachrichten an nur einem Tag oder stand vor dessen Tür und klingelte Sturm. Fast das ganze vergangene Jahr ging das so. Man könne sich ja freundschaftlich verbunden bleiben, hatte der 36-Jährig am Ende der Beziehung vorgeschlagen. Das ging nicht lange gut.

Nach nur wenigen Wochen begann die Angeklagte, ihren früheren Partner zu terrorisieren. Das habe ihn "mental angegriffen", sagt der 36-Jährige bei seiner Vernehmung am Montag. Die Situation, in der er sich befunden habe, sei "teilweise sehr surreal" gewesen. Er habe die Angeklagte gebeten, "die Kontakte runterzufahren". Als das nicht geschah, habe er sich entschlossen, Anzeige zu erstatten. Die 35-Jährige erfuhr davon. Er solle die Anzeige zurücknehmen, habe sie von ihm verlangt. Warum, habe er gefragt. Sie habe geantwortet: "Weil ich einschlägig vorbestraft bin." Bei einer weiteren Verurteilung müsse sie ins Gefängnis. Die Verteidigerin der Bankkauffrau, Rechtsanwältin Birgit Schwerdt, gibt eine Erklärung ab. Ihre Mandantin sei geständig. Sie habe einen "Haltepunkt" gesucht. Als Kind habe ihr der gefehlt. Dass die Beziehung zu ihrem Kollegen gescheitert war, habe die Angeklagte nicht glauben wollen. Sie leide unter "extremer Verlustangst". Inzwischen habe sie eine Psychotherapie begonnen und sich "wieder stabilisiert". Sie glaube, dass sie jetzt auf "einem ganz guten Weg" sei, versichert die Bankkauffrau der Richterin und bricht kurz darauf in Tränen aus.

Denn die Vertreterin der Staatsanwaltschaft fordert elf Monate Haft - ohne Bewährung. Die Verteidigerin erwidert, sie müsse an sich halten und "entschieden widersprechen". Die Angeklagte habe ihr "psychisches Problem angegangen", betont sie und plädiert für eine Geldstrafe in Höhe von 7200 Euro (120 Tagessätze). Dass die Bankkauffrau eine Therapie begonnen hat, ist für das Gericht entscheidend. Es verurteilte die 35-Jährige zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung. "Ich bin überzeugt, dass Sie es schaffen werden", sagt die Richterin zur Angeklagten, und: "Es darf nichts mehr passieren. Schönen Tag und Frohe Weihnachten."

© SZ vom 15.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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