Urteil des Oberlandesgerichts:Pralinen fürs Badewasser landen vor Gericht

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Für die Wanne, nicht für den Mund: Badesalzpralinen, über die nun ein Gericht entscheiden musste. (Foto: Screenshot: SZ)

Weil die Badetörtchen, zu sehr wie Süßigkeiten aussehen und deshalb gefährlich werden könnten, werden sie verboten. Doch die nächsthöhere Instanz dreht das Urteil um.

Von Susi Wimmer

Sie sehen aus wie exquisite Pralines, wie kleine Törtchen in Bonbon-Farben, garniert mit Rosen oder Kaffeebohnen. Die vermeintlichen Leckereien bietet eine Oberhachinger Kosmetik-Firma im Online-Versand an. Allerdings sollen diese Pralinen nicht im Mund, sondern im Badewasser zergehen. Für den Verband Sozialer Wettbewerb aber waren die Badetörtchen Salz in den Augen: Der Verein klagte, weil er die Gefahr sah, dass zum Beispiel Kinder den pralinen-ähnlichen Badezusatz verschlucken könnten. Doch das Oberlandesgericht München stellte in der Berufungsverhandlung fest, dass von den Badetörtchen keine "erhebliche Gesundheitsgefahr" ausgehe und wies die Klage ab.

"Zart schmelzend" sollen sich die Badetörtchen laut Hersteller im warm einfließenden Badewasser auflösen, nachdem man sie in beiliegendes Organzasäckchen gegeben hat. Weniger zart schmilzt dafür das Bankkonto: 52 Euro für sechs kleine Pralinen erinnern schon eher an Kleopatras legendäre Bäder in Eselsmilch. "Reichhaltige Pflegestoffe" sollen die Haut verwöhnen, heißt es. Und weiter unten folgt der wichtige Hinweis, dass die Törtchen nicht zum Verzehr geeignet seien und dass man besser die Wanne nach dem Bad putzen sollte, wegen Rutschgefahr.

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Leicht ins Schlittern kam hingegen der Hersteller aus Oberhaching nach dem Urteil des Landgerichts München. Denn die Kammer kam zu dem Schluss, dass diese Badetörtchen, "die von der Form, der Größe, der Gestaltung, der Farbe und der Verpackung ohne weiteres mit Pralinen und kleinen Tortenstückchen optisch zu verwechseln sind", nicht in Verkehr gebracht werden dürften. Gegen diesen Richterspruch ging die Kosmetik-Firma in Berufung, am Mittwoch nun verkündete der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts sein Urteil. Und das fiel konträr zur ersten Entscheidung aus.

Wer abbeißt, nimmt nicht zwangsläufig Schaden

Es kann durchaus als kurios bezeichnet werden, in welche Materien sich deutsche Gerichte einzuarbeiten haben. So musste sich der Senat ein Sachverständigengutachten des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zu Gemüte führen, in dem es um lipophile - in Fetten und Ölen gut lösbare - Substanzen, Natriumbicarbonat und Aufschäumversuche ging. Bei Letzteren galt es festzustellen, ob die Badetörtchen im Mund eines Kindes so schäumen können, dass der Blubber eingeatmet werden und es dann zum Erbrechen kommen könnte. Die Antwort: nein.

Summa summarum kam der Senat zu dem Schluss, dass zwar ein Teil der Verbraucher die vermeintlichen Pralinen mit einem süßen Gebäckstück verwechseln könnte. Aber laut Gutachten könne man nicht annehmen, dass beim zum Mund Führen, Lutschen oder Schlucken eine erhebliche Gesundheitsgefahr durch Ersticken, Vergiftung oder Perforation des Verdauungskanals ausgehe. Selbst wer von dem Törtchen abbeißt und den Badezusatz schluckt, muss nichts Schlimmes befürchten. Die Inhaltsstoffe seien unkritisch, ebenso die auf den Pralinen platzierten Deko-Objekte wie Kornblumenblüten, Zimt oder Orangenteile.

Eine Revision ließ das Oberlandesgericht München nicht zu (Aktenzeichen: 29 U 470/18).

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