Politik in München:Schluss mit dem Wirrwarr beim Verkehr? Stadt schafft neues Mobilitätsreferat

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Wem gehört der öffentliche Raum in München? In der Maximilianstraße müssen sich Radfahrer behaupten - und wenn noch eine Baustelle dazukommt, wird es auch für Autos, Busse und Trambahn eng. (Foto: Stephan Rumpf)

Bei Fragen zum Verkehr in München waren bislang fünf verschiedene Referate zuständig. Zügige Planung und Umsetzung? Unmöglich. Künftig soll sich ein eigenes Referat um die Aufteilung der Straßen kümmern.

Von Anna Hoben

Die Verkehrswende ist - zusammen mit der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum - die große Herausforderung in München. Da ist es nur logisch, wenn dieses zentrale Thema einen eigenen, physischen Ort bekommt, von dem aus die Zukunft der Straßen, Schienen, Rad- und Fußgängerwege strategisch geplant wird. Anfang nächsten Jahres soll deshalb das neue Mobilitätsreferat seine Arbeit aufnehmen. Dessen Gründung hat der Stadtrat im Dezember beschlossen; wie das neue Stadtministerium genau ausgestaltet sein soll, darüber entscheidet das Gremium an diesem Mittwoch.

Bisher waren Fragen zu Verkehr und Mobilität in fünf verschiedenen Referaten angesiedelt: vom Planungsreferat über das Kreisverwaltungsreferat, das Baureferat, das Referat für Arbeit und Wirtschaft bis zum Referat für Gesundheit und Umwelt. Um ein Projekt zu planen und zu verwirklichen, mussten also lange Verwaltungswege überbrückt werden; oftmals führte dies zu einem Wirrwarr der Zuständigkeiten.

Künftig sollen die Themen also in einem Mobilitätsreferat gebündelt sein; 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vorwiegend aus den fünf genannten bereits bestehenden Referaten, sollen dazu an den neuen Behördenstandort in Sendling ziehen, Adresse: Implerstraße 7-9. Organisatorisch soll das neue Mobilitätsreferat in zwei Geschäftsbereiche aufgeteilt werden: einen Bereich Strategie und einen personell mehr als dreimal so großen Bereich Verkehrs- und Bezirksmanagement. Für die Referatsleitung gebe es "viele gute Bewerbungen", sagte Grünen-Fraktionschef Florian Roth bei einer Pressekonferenz der Rathaus-Koalition am Dienstag. Voraussichtlich im November werden die geeignetsten Kandidatinnen und Kandidaten sich im Stadtrat vorstellen. Das Vorschlagsrecht für den Posten liegt bei den Grünen.

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Die neue Leitung wird sich mit der großen Aufgabe konfrontiert sehen, die Umverteilung des öffentlichen Raums zu organisieren - in einer Stadt, in der beim Thema Verkehr jahrelang nicht sehr weit in die Zukunft geschaut wurde und nun coronabedingt das Geld nicht mehr auf der Straße liegt. Für die Grünen sind die Prioritäten klar, sie nutzten den Termin am Dienstag vor allem dazu, recht allgemein ihre Vorstellung einer Verkehrswende zu präsentieren und zu zeigen, wo es hingehen soll in dieser stark wachsenden Stadt - auch nachdem die Koalition in der vergangenen Woche die Umsetzung der geplanten drei großen Straßentunnels an der Landshuter Allee, an der Tegernseer Landstraße und an der Schleißheimer Straße gestrichen hatte. Das Referat sei ein "schlagkräftiges Instrument, um eine der wichtigsten Herausforderungen zu bewältigen", sagte Roth. "Um einen Verkehrskollaps zu verhindern, müssen wir den öffentlichen Raum zugunsten von ÖPNV, Rad und Fußverkehr konsequent umverteilen."

Noch in diesem Jahr wolle man "weitere Schritte zur Verwirklichung der Ziele des Radentscheids inklusive Altstadtradlring angehen" und die Vision einer weitgehend autofreien Innenstadt umsetzen. SPD-Fraktionschef Christian Müller versicherte indes, dass das Auto "für viele Münchnerinnen und Münchner ein wichtiges Verkehrsmittel" bleibe und man auch dort Innovationen fördern wolle. "Es geht nicht darum, einzelne Verkehrsarten zu verteufeln." Vielmehr wolle man, dass "die Menschen, wenn sie ein Auto nutzen, es intelligent tun". Stichwörter: E-Mobilität und Carsharing. Bis 2030 solle zudem die gesamte Busflotte auf emissionsfreie Modelle umgestellt sein.

Die Trambahn-Westtangente bis 2026, die Verlängerung der U5 nach Pasing bis 2028 und nach Freiham bis 2035 - das sind einige der Großprojekte, die in den kommenden Jahren anstehen. Im neuen Referat sollen aber vor allem die strategischen Fäden für die Verkehrswende gesponnen werden, mit dem überwölbenden Ziel, auch Luft und Lebensqualität zu verbessern. Neben dem U-Bahn-Ausbau gehören dazu vor allem Taktverdichtungen bei den Untergrundzügen, die Trambahnoffensive und mehr Busspuren - "zwei bis fünf in jedem Neubaugebiet in den nächsten Jahren", so Müller. Nikolaus Gradl, Sprecher für Mobilitätspolitik von SPD/Volt, wies auf eine Spezies hin, die in der Verkehrspolitik oft vergessen wird: die Fußgänger. Auch sie profitierten von Projekten wie den neuen Pop-Up-Radwegen; diese schafften, etwa in der Zweibrückenstraße, mehr Sicherheit auch für Menschen, die sich zu Fuß fortbewegen.

780 Parkplätze in der Stadt seien mittlerweile in Schankflächen umfunktioniert worden, sagte Mona Fuchs, Fraktionsvize der Grünen - mehr als die ursprünglich geplanten 500. Ein coronabedingtes Experiment, das die Koalition auch im kommenden Jahr beibehalten will - weil es positiv ankomme in der Bevölkerung und bislang nicht mehr Beschwerden als sonst von Anwohnern zu verzeichnen seien, so Roth.

© SZ vom 22.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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